Samstag, 16. Dezember 1995

Beim nächsten Papst wird alles anders













































"G
ott suchen, Gott finden", wollen in Frankreich immer mehr Jugendliche. Nur ein geschlechtloses Priester- und Nonnenleben kommt fast keinem mehr in den Sinn. Trotzige Endzeitstimmung im Land der Kathedralen - trotz Wallfahrten und Weihwasser zu Lourdes. Ende der Aufklärung, Renaissance der Mythen.


Die Rheinpfalz, Ludwighafen
16. Dezember 1995
von Reimar Oltmanns


Scheinbar endlich fällt der frühsomerliche Regen über weitläufige Täler, verwandelt Frankreichs Landgemeinden in tiefen Morast und lässt Wasser durch so manches marode Kirchengebäld gurgeln. Mitten in einem Meer von Weinbergen im Beaujolais liegt eine große verwilderte Grünanlage. Und mitten in diesem urwüchsigen Park steht ein anspruchloses Pfarrhaus. Seit acht Jahren ist der 63jährige Martin Froquet Landpriester in der Ortschaft Villié-Morgon, die etwa 60 Kilometer nördlich von Lyon liegt. Seit acht Jahren ist der Priester praktisch mit seiner Marie-Pierre verheiratet. Jeder weiß es und alle schweigen, vielsagen versteht sich.

"Man nennt mich Martin und duzt mich hier", sagt der katholische Ordensträger sogleich kameradschaftlich zur Begrüßung. Unwiderruflich vorbei sind die Zeiten, in denen der Landpriester in Frankreich von seinem Glockenturm aus eine unumstrittene - keusche - Autoriät gewesen ist, Maß und Moral bestimmte. Vor zwanzig Jahren noch zähle der Orts-geistliche zu den Honoratioren des Dorfes; gleich neben dem Bürgermeister, dem Lehrer oder auch dem Arzt. Mittlerweile sind Seelsorger, wie Martin aufmerksam registrierte, Rand-
figuren.

HEIMLICHE LEBENSGEFÄHRTINNEN

Passé ist scheinbar jene Ära, in der npch so mancher katholischer Seelsorger auch als 45jährige noch wie Buben wirkten, sich in ihrer Freizeit allenfalls um Bienenstöcke kümmerten. Eben als Priester noch Weile hatten, ihr Gebets- buch im Schatten der Obstbäume ihrer Gärten versonnen "run- ter zu murmeln".

"Diese romantisch verklärten Seelsorger", bedeutet Martin, "sind verschwunden, gibt es nicht mehr. - Andere Zeiten, andere Priester. Und die wenigen werden immer weniger." Noch vor 30 Jahren zählte die katholische Kiche Frankreichs als älteste Tochter Roms insgesamt 41.500 katholische Seelsorger. Praktisch hat sich ihre Anzahl bis heute halbiert. Hinzu kommt, dass von den aktiven Pastoren nur ein Viertel unter 60 Jahre alt ist. Jeder vierte Seelsorger musste gehen, nur weil er seine Frau lebte. - Endzeitstimmung.

Fühlten sich vor fünfzig Jahren jährlich noch etwa 1.400 Männer zum Priester berufen, so sind es heute mal gerade noch hundert, wenn es gutgeht. Besuchten im Jahre 1946 noch 33 Prozent den sonntäglichen Gottesdienst, so reduzierte sich der Kirchengang ab dem Jahre 1991 auf knapp acht Prozent. Immerhin gelten offiziell 80 Prozent der 57-Millionen-Be- völkerung als katholisch. Aber lediglich ein Fünftel bekennt sich noch uneingeschränkt zu den Dogmen aus Rom.


FRAUEN-ORDINATIONEN

Allein in jüngster Vergangenheit haben an die zehntausend Priester ihrer Kirche den Rücken gekehrt. Unterschiedlich waren die Demissionsformulierungen. Einheitlich indes die Abschiedsgründe, die da unisono lauteten. "Lasst uns in Frieden mit dem weiblichen Geschlecht leben, selbstbe- stimmend und gleichberechtigt auch. Hört auf, die katholische Kirche selbstzerstörerisch zugrunde zu richten. Sagt ja zur Ehescheidung, ja zur Empfängnisverhütung, ja zur Abtreibung, ja zur Frauenordination, endlich ja zur Priesterehe - und die Gotteshäuser werden brechend voll sein."

GEGENWELT ZUR GEGENWART

Szenenwechsel von der Beaujolais-Region in die Pyrenäen. - Der französische Wallfahrtort Lourdes gilt als katholische Trutzburg einer religiös verschworenen Gegenwelt zur Gegenwart. Lourdes in den Pyrenäen mit seiner schwer- blütigen Kirchengeschiche war stets Seismograph katholischer Umwälzungen, seit jeher galt es als ehernes Symbol für den uneingeschränkten Machtanspruch des Papstes. Mitte der neunziger Jahre ist der Ort zu einem Refugium des klerikalen Fundamentalismus geworden - ein Mekka für Mythen und Legenden zu Zeiten einer rational und fortschrittserpichten Jahrhundertwende.

Gemächlich schiebt sich ein Pilger-Pulk vor die Dreifach-Basilika. Die Kirche, nach Pius X. benannt, wurde 1958 zur Hundertjahrfeier geweiht. Hier hatte Bernardette Soubirous, Tochter eines verarmten Müllers, mehrere Marienerscheinun- gen der "unbeflecken Empfängnis". "Das Gotteshaus ist fast 200 Meter lang, 80 Meter breit, fasst 25.000 Gläubige.Vorbei sind die Zeiten, da ausschließlich Kranke auf wahre Wunder hofften: Bis heute sind 2,5 Millionen Körperbehinderte gen Lourdes befördert worden. 3.500 Heilungen stellten Ärzte fest, als Wunder erkannte die katholische Kirche 65 Gene- sungen an.

AUGENBLICKE AUS LOURDES

Moment-Aufnahmen aus Lourdes sind Nachrichten aus einer Gegenwelt, die dem Atheismus mit moralischem Rigorismus zu trotzen sucht. Längst ist Lourdes auf Geheiß Johannes Paul II. (*1920+2005) zum markellosen Refugium der Römischen Kurie geworden. Da fesselt der französische Priester George Morand die Gläubigen vor dem Kirchenportal mit den Bekenntnissen als Teufelsaustreiber. Über zehn Jahre notierte er seine Erfahrungen. In dem Buch "Verlasse diesen Menschen, Satan" kommt der 63jährige zur Einsicht, dass psychische Krisen, gar Schreikrämpfe, eindeutige Alarm- signale seien. "Buße, Buße, nur beten heilt", schallt es ihm folgsam entgegen.

Deutschlands Militärbischof Johannes Dyba (*1929+2000) feiert mit 25.000 Uniformierten internationale Soldaten- wallfahrt. Die Bundeswehr ist mit dreitausend Mann dabei. Selbst vierzig kranke Armee-Männer hat der Bischof ein- fliegen lassen. Auf dem Kreuzweg tragen sie die Soldaten im Gleichschritt. Mittendrin postiert sich Dyba und doziert: "Wer wisse, dass Gott ihn gewollt hat, der könne nie mehr so ganz down und out sein." Die Bundeswehr nickt einvernehmlich. Verständlich, dass unter kirchlicher Obhut viel gesungen wird: Sonderurlaub in Südfrankreich, Trinklaune, Feiertagsstimmung.

ÜBERALL UNIFORMEN

Überall wimmelt es vor Uniformen. Im Pilgerhandbuch steht geschrieben, dass eine "Verbrüderung im Rahmen einer Wall- fahrt" passieren sollte. Ganz im Sinne des Lagerpfarrers Schadt, der im Feldgottesdienst predigt: "Jungs, wir spielen um und für das Leben. Unsere Jungfrau Maria ist die Trainerin und Gott der Präsident." Dann wirft er einen Fußball auf die Betenden: "Weil wir gewinnen werden. Amen."

Vor dem Portal der Dreifach-Basilika harren zehn schwangere Frauen, Mitglieder der "Union pour la vie" - einer traditio- nellen Vereinigung, die einzig und allein dem Vatikan die rettende Wahrheit zugesteht. "Abgetriebene Föten taufen und christlich beerdigen, Monseigneur" steht auf ihrem Trans- parent.

KIRCHLICHES RODEO

Dahinter haben sich etwa 50 Herren aufgebaut: Männer der Anti-Abtreibungs-Kamandos. Seit Monaten wissen sie die Schlagzeilen und die Kardinäle auf ihrer Seite. Wendezeiten in Frankreich, wo Schwangerschaftsunterbrechungen seit Mitte der siebziger Jahre einvernehmlich geregelt sind: Überall stürmen militante Fundamentalisten OP-Stationen in Kranken- häusern. Und immer ist ein katholischeer Priester dabei, wenn es gilt, ein kirchliches Rodeo gegen die Abtreibung zu ins- zenieren. So in Grenoble - dort kettete sich Pater Gérard Calvet im Oktober 1994 in der Universitätsklinik mit acht Mitstreitern an Krankenbetten.

Als der Benedetikiner sich im Januar 1994 mit seinem Gefolge vor Gericht verantworten musste, war ihm eines gewiss: die Geldstrafe von 760 Euro zahlt der Erzbischof von Paris; die Gefängnisstrafe wurde ohnehin auf Bewährung ausgesetzt. Verständlich, dass jene Herren-Gesellschaft der Anti-Abtreibungskommandos in Broschüren ihre "Erfolgs- bilanzen" siegesgewiss verteilen: mal eine Massen-Demon- stration vor der Oper zu Paris, mal Ärzte und Kranken- schwestern eingeschüchtert.

Noch nie war die katholische Kirche in Frankreich so zer- rissen, derart gelähmt, von Spaltung bedroht wie im Augen- blick. Eine christliche Gemeinschaft verweigert sich der Wirklichkeit und straft jene ab, die sich mit ihr ausein- andersetzen.


BISCHOF MUNDTOT GEMACHT

Der vom Papst ins Abseits beförderte Bischof von Euvreux, Jacques Gaillot, ist zu jenen nach Paris in die Rue du Dragon 7 gezogen, für die der 59jährige - auch als Kirchenrepräsentant - da zu sein glaubte: zu den Armen, Obdachlosen und Sozialhilfe- empfängern. Längst ist Gaillot zum Synonym, auch zum Sym- bol, der Kirchenspaltung geworden. 50.000 Menschen zog es auf die Straße, über 100.000 Gläubige demonstrierten mit ihrer Unterschrift gegen seine Amtsenthebung. Einfach deshalb, weil er vorlebte, "dort präsent zu sein, wo wir es als Kirche leider häufig nicht sind" - bei Obdachlosen, Aids- kranken, Homosexuellen, Asylsuchenden. Wichtiger als Messen, Prozessionen und mystische Wallfahrten war ihm, das Evangelium vorzuleben. "Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts", ist eine seiner Standard-Formulierungen.

Dabei konnte Gaillot nicht ahnen, dass sich Frankreichs Kardinäle schon 1983, nur ein Jahr nach seiner Ernennung, darauf verständigt hatten, den Papst zu seiner Abberufung als Bischof zu bewegen. Damals was Jacques Gaillot der einzige Oberhirte der Republik, der gegen ene Entschließung der Bischofskonferenz stimmte. "Den Frieden mit atomarer Abschreckung gewinnen", verlautbarte sie damals. Der Ort dieser Handlung war die Dreifach-Basilika zu Lourdes.























Dienstag, 14. November 1995

Wallfahrt zu Charles de Gaulle


















Vor mehr als drei Jahrzehnten starb Charles de Gaulle - Vater der 5. Republik. Sein Wohn- ort ist zum Wallfahrtsort geworden. Über eine halbe Millionen Menschen pilgern jährlich nach Colombey-Les-Deux-Eglises in der Cham-pagne. Sehnsucht nach dem Über-Vater, Rück- besinnung auf Herkunft - auf Frankreichs Geschichte .


Die Rheinpfalz, Ludwigshafen
14. November 1995
von Reimar Oltmanns


In der französischen 370-Seelen-Gemeinde Colombey-Les-Deux-Eglises gibt es unterdings drei Altäre. Zwei, die seit eh und je in der Dorfkirche stehen, und einen, der zu Ehren des Gründers der Fünften Republik, Charles de Gaulle, errichtet wurde - zu seinem 25jährigen Todestag am 9. November 1985 im Souvenirladen der Madame Demange. gleich auf der Hauptstraße, hinter zwei riesigen Fahnen in Farben der Trikolore.

Ihn - den de-Gaulle-Altar - zieren unzählige Teller, T-Shirts und Taschen, Aschenbecher, Feuerzeuge, Salz-fässer, Barometer, Eieruhren, Käseplatten, Briefmarken, Blumenvasen und natürlich de-Gaulle-Büsten als para-religiöse Devotionalien in allen Größen; Video- und CD-Tonkassetten, der Wimpel mit Kreuz und Kirche, eben Lothringer Kreuze in allerlei Varianten, zum Anhängen oder als Ring in blau-emaillierten Herzen, auch ins V-Zeichen des Siegers eingelassen.

ORT AUF DER WELTKARTE

Postkarten zeigen den General mal als Retter der Nation auf einem Schlachtschiff im Ärmelkanal, mal als würdi-gen Greis an der Seite seiner Frau Yvonne. Und auf dem Porzellan-Aschenbecher steht geschrieben: "Hier ist Frankreich zu Hause. Hier ist Vaterland. Es war der General - er malte unseren Ort auf die Weltkarte."

Da stehen sie nun, Seite an Seite in der ersten Reihe der überfüllten, kleinen Dorfkirche - und das noch nach Jahrzehnten, Jahr für Jahr. Die Alt-Gaullisten, die Erzfeinde der Pariser Macht- und Prestige-Politik oder auch nur die leiblichen Enkel des Generals. Alle Jahre wieder dröhnt die Orgel, antwortet der Chor. Aus dem Gesang lösen sich Worte: Tod - Schlachfeld - Vaterland.

NAPOLÉON - DE GAULLE

Eine schlichte, elfenbeinfarbige Marmorplatte schmückt das Grab de Gaulles - am 22. November 1995 wäre er 105 Jahre alt geworden. Die goldene Prägeschrift be- schränkt sich auf das Notwendigste. De Gaulle und seine Frau ruhen Seite an Seite mit ihrer behinderten Tochter Anne. Kein Kranz, keine Blumen. Das hatte der General schon 1952 testamentarisch verfügt. Die Mehrheit der Franzosen, so ermittelten Meinungsforscher, glaubt nicht, "dass sie zu Lebzeiten noch einmal einen Staats- mann vom Format de Gaulles erleben werden." Und 23 Prozent der Befragten halten de Gaulle für ebenso be- deutend wie Napoléon. Immerhin wurden etwa 4.000 Bücher nach Schätzungen des "Instituts Charles de Gaulle" in aller über den ehemaligen Präsidenten verfasst.

Oft baut sich Madame Demange bedächtig vor dem de Gaulle-Altar auf. Das verlangt schon ihr Verkaufsritual. Folglich gehen ihre Blicke auch hinaus auf den dörf- lichen Hauptboulevard. Dort, wo sich Menschen- kolonnen gemächlichen Schrittes Richtung Friedhof schieben. An die 600.000 Touristen finden jährlich ihren Weg nach Colombey-Les-Deux-Eglises.

NOSTALGIE-WELLE

Eine unvermutete Nostalgie-Welle verklärter, auch längst vergilbter Jahre des Gaullismus schwappt über das Land. Die Republik erinnert sich auffällig hin-gebungsvoll ihres Gründers. Die eigentlich große Versöhnungswelle mit ihrem einst eher unbeliebten, autokritischen aber wortgewaltigen General Charles de Gaulle hat in Frankreich ein Vierteljahrhundert nach seinem Tode erfasst. Erst jetzt zu seinem 25jährigen Todestag (am 9. November 1995) und seinem 105. Geburtstag (am 22. November 1995) scheinen die Gegner von ehedem, vornehmlich die Intellektuellen der Republik, zur Versöhnung bereit zu sein.

Und es gibt in Frankreich zusehends mehr Menschen, die ans Grab de Gaulles wallfahren. Längst hat sich dieses eher ärmliche Dorf, umgeben von melancholisch angehauchten Wäldern in der Champagne, von kasta- nienbraunen Felder und schmutziggrauen Häusern zum neuen Lourdes politischer Pathos-Pilger gemausert.


POLIT-ZIRKUS

In solchen Momenten seufzt die 48jährige Souvenir-Madame laut: "Der Polit-Zirkus mit theatralisch vorge- brachten Touristengefühlen lebt in Lourdes für die katholische Kirche. Und wir hier betreiben einträglichen Fassadenputz für die gaullistische RPR-Parteipolitik. Frankreich, fragen wir uns inzwischen alle, was ist bloß los mit Dir?"

Immerhin: Noch nie waren die Vertrauensverluste in die Politik-Klasse so dramatisch wie heute. Noch nie gab es solch vollmundige Versprechungen verbunden mit krassen Wortbrüchen. Noch nie gab es so viele Men- schen ohne Brot und Arbeit. "Und dann inszeniert sich", fährt Madame fort, "die Grande Nation mit ihren kostspieligen atomaren Testversuchen, auch noch großspurig als Supermacht, auf dem Mururoa-Atoll. Frankreich gegen den Rest der Welt. Diese Politiker sind geradewegs dabei, das Erbe des Generals, unsere fünfte Republik, zu verspielen. Denn, der hatte stets auf den sozialen Ausgleich geachtet." Ihre Mutter, die zuhört, nickt stumm.


EUROPA ALTER NATIONEN

De Gaulles Außenpolitik war seiner Zeit voraus. Er proklamierte als Ziel die Auflösung der Militärblöcke und umschrieb sei Engagement für ein "Europa vom Atlantik bis zum Ural" auch als "die Überwindung von Jalta"; er empfing Ungarn, Tschechen, Bulgaren be- suchte Polen und Rumänien. Oft sprach er davon, dass Europa wieder ein Kontinent "seiner alten Nationen" werden müsse. Seine Europa-Politik "vom Atlantik bis zum Ural" gilt heute als visionär, seine Ansicht von der Überlegenheit des Nationalen gegenüber den Ideologien als bestätigt.

NUKLEAR-MACHT

Demonstrativ hatte Frankreich unter seiner Führung zu den inzwischen fünf Nuklearmächten der Erde aufge- schlossen. Es war de Gaulle, der m Februar 1960 die erste Explosion einer französischen Atombombe über der algerischen Sahara mit einem freudigen "Hurra Frankreich" begrüßte.

November-Tage - das waren in Frankreich schon immer de Gaulle-Tage oder auch Wallfahrts-Augenblicke. Colombey-Les-deux-Eglises ist ein kleiner Ort am Ostrand der Champagne im Département Haute Marne. dreihundert Kilometer östlich von Paris gelegen. Hier gibt's keine Industrie, kaum Städte, nicht einmal Wein wächst. Statt dessen viel Vieh, ein wenig Weizen und vor allem eine überlebensgroße Erinnerng an Charles de Gaulle. Kurzum: Nirgendwo, so will es scheinen, ist Frankreich französischer als hier: tiefernst und tiefkatholisch.

LA "BOISSERIE"

Auf dem Landsitz des Generals La Boisserie" steht in der Bibliothek der Lehnstuhl vor dem Spieltisch, an dem de Gaulle vor einem Vierteljahrhundert bei den Abend- nachrichten einschlief. Es ist ein kompakte, solides Herrenhaus aus dem Jahre 1843, ganz mit Wein bewachsen. Der Berufssoldat de Gaulle hatte es 1934 gekauft. Auf Wunsch des Generals und ohne staatliche Zuschüsse wurde in den fünfziger Jahren ein Turm angebaut, in dem er sich sein Arbeitszimmer einrichtete. Ein heller Raum mit Kachelboden und drei Fenster, die den Blick freigeben auf fünfzehn Kilometer Wald und Wiesen ohne ein einziges Haus. Einen Steinwurf ent- fernt ragt heute ein 43 Meter hohes Lothringer Kreuz aus Stahl und Marmor in die Höhe. Zu Lebzeiten hatte sich de Charles de Gaulle gegen solche monumentalen Ehrungen gewehrt. "Das würde nur die Feldhasen verscheuchen", sagte er. Trotzdem schluf er für alle Fälle einen Standort vor. In den Sockel eingehauen sind die Worte: "Es existiert ein Pakt, 20mal 100 Jahre alt, zwischen der Größe Frankreichs und der Freiheit dieser Welt. Ch.d. G."

WARTEN AUF DIE GESCHICHTE

"Die Einsamkeit ist meine Freundin. Mit wem sonst soll man sich zufriedengeben, wenn man einmal mit der Geschichte verabredet war", so dachte, so redete, so schrieb de Gaulle. Zumindest in "La Boisserie" hat de Gaulle sein Leben lang sendungsbewusst immer wieder darauf gewartet, von der Geschichte gerufen zu werden. Hier wartete er auf den Einmarsch der Wehrmacht, der ihn ins Exil nach London trieb und schließlich nach Kriegsende zum Präsidenten der Republik machte. Hier wartete er zwölf Jahre lang, nach dem Zusammenbruch der Vierten Republik bis zur Algerien-Krise 1958, die ihm seine zweite Präsidentschaft eintrug. Und hier wartete er auch auf das Resultat jener für ihn folgen- schweren Volksabstimmung nach den Studenten-Unruhen im Mai 1968. Er hatte nicht begreifen wollen, dass die großen Stunden der einzelgängerischen Chefs vorbei waren. Und hier erwartete er letztlich auch den Tod, der ihn am 9. November 1970 ereilte, als er gerade an einem weiteren Kapitel seiner Memoiren schrieb. Titel: "L'effort" - Die Anstrengung.

Jedes zweite Wochenende flüchtete de Gaulle aus dem ihm verhassten Elysée-Palast nach Colombey zur Familie. Schwiegersohn de Boissieu, langjähriger Generalstabschef des Heeres, Sohn Philippe, auch Kulturminister André Malraux (*1901+1976) waren gelegentlich dabei und durften mitreden. Nur hier taute der General auf, soweit seine Anstandsregeln dies über- haupt zuliessen. Mit seiner Frau Yvonne hat er sich gesiezt. Von sich selbst sprach er in der dritten Person.

KONRAD ADENAUER

Naheliegend, dass aus seiner Bibliothek Geschichte aus allen Ecken weht. An dieser Stätte der Zurückgezogen- heit wurde zwischen den "Erbfeinden" von einst der deutsch-französische Freundschaftsvertrag von 1963 vorbereitet. Und Konrad Adenauer war der einzige Regierungschef, der die Ehre hatte, von de Gaulle in seinem Haus empfangen zu werden. Wie weit die beiden Staatsmänner ihrer Zeit vorausdachten, belegt der Hinweis, dass schon Charles de Gaulle (*1890+1970)und Konrad Adenauer (*1876+1967) sich darüber Gedanken machten, ob der deutsch-französischen Vertrag völkerrechtlich potentiell für Gesamtdeutsch- land seine Gültigkeit habe. De Gaulle antwortete mit der prophetischen Bemerkung, dass die Wiedervereinigung als "natürliches Schicksal des deutschen Volkes" anzusehen sei.

HELDENVEREHRUNG

Irgendwie schlägt diese verschlafene Colombey-Les-Deux-Eglises den bizarren Bogen von Weltpolitik samt Heldenverehrung zu typischer französischer Sentimen- talität zwischen Citroen und Kinderbettchen. Hier fand de Gaulle jene Leute, die bis heute die Republik weitaus stärker prägten als die fernsehgeübten, wortgewaltigen Intellektuellen aus dem Quartier Latin der auch die showgeübte Schickeria auf der Croisette von Cannes. La France profonde, wie es heißt, das wahre, tiefe Frank- reich - ohne das in Frankreich keine Mehrheit zu fincden ist. So betrachtet, ist de Gaulle Stätte seiner Zurückge- zogenheit nicht nur Wallfahrtsort, sondern Sammel- punkt und Bekennerplatz der gaullistischen Bewegung schlechthin.

HINTER KARL DEM GROSSEN

Früh am Morgen hatte Staatspräsident Jacques Chirac (1995-2007) am Tage seiner Amtsübernahme im Mai 1995 in Colombey-Les-Deux-Eglises am Grab von Gene- ral de Gaulle einen Kranz niedergelegt. Das ganze Dorf begleitete ihn. Am Nachmittag fuhr er mit offenem Wagen, einem Citroen-Masaerati, eskoriert von Fanfare und Kavallerie der Garde auf dem beflaggten Champs-Elysées. Sichtlich bewegt entzündete Chirac dort im Bei- sein des Parlamentspräsidenten und zahlreicher Vertreter seines Algerien-Regiments ( Algerien-Krieg 1954-1962) und einer begeisterten Menschenmenge am Grab des Unbekannten Soldaten - die Gedenkflamme.

"Der Gründervater unserer fünften Republik", bekundete Bernadette Chirac, "war unter uns. Er hat das politsche System geprägt, uns geprägt - de Gaulle ist stärker denn je in Frankreich verankert. Er kommt gleich hinter Karl dem Großen."



Samstag, 4. November 1995

Studenten-Aufbruch ins Mittelalter





























































Offiziell werden derlei Initiationsriten - le Bizutage - an den Grandes écoles und Uni-versitäten des Landes totgeschwiegen. Seit 1997 sind derart rüde, mitunter brutale "Auf-nahmepraktiken" sogar ins Strafgesetzbuch aufgenommen. Gefängnis- wie Geldstrafen sollen Abhilfe schaffen. Dennoch leben jene studentischen "Korpsgeist"-Schikanen seit den zwanziger Jahren ungeahnt fort - Nöti-gungen als "Härtetest", Erniedrigungen der Neuankömmlinge, seelische wie körperliche Gewalt sollen ein Gemeinschaftsgefühl als Kaderschmiede stärken. Für manche Erst-semestler ist die Bizutage mittlerweile zu einem "humoristischen" Willkommensgruß geworden. An so manchen Hochschulen hingegen herrschen weiterhin
Peitsche, Knüppel,
Baseballschläger - gar Schutzgeld-erpressungen.

Nürnberger Zeitung
vom 4. November 1995
von Reimar Oltmanns

Herbst für Herbst herrscht an den 154 Hochschulen Frankreichs ein markanter Ausnahmezustand. Zum Vorlesungsstart heißt es für Zehntausende von Erst- semestlern, sich in Gruppen zu entkleiden, erniedrigen, fortwährend demütigen zu lassen - nahezu acht Tage ohne Unterlass; unfreiwilliger Gruppensex inklusive.

Jeden Oktober werden die etwa 60.000 frisch imma- trikulierten Studenten der prestigeträchtigen Elite- schulen der Republik auf ihren neuen Lebensabschnitt abgerichtet, zugerichtet und "typisch französisch", so die Tageszeitung "Le Figaro", "wieder aufgerichtet". Voilà.


FUCHSTAUFE

"Le Bizutage" nennt sich solch ein Initiierungsritual, das einem Einführungszeremoniell, etwa der Fuchstaufe in schlagenden deutschen Studentenverbindungen ent- spricht, aber wesentlich "härter" ist.

Vornehmlich im Windschatten einer "geistig-mora- lischen Erneuerung" der Nation durch ihren Präsidenten Jacques Chirac ist Frankreichs Bürgertum am Ende des 20. Jahrhunderts zutiefst davon überzeugt, dass die Bizutage nicht etwa ein Überbleibsel verblichener Grande-Nation-Jahre, sondern ein "unverkennbares Gütespiegel der französischen Elite" sei.

Von der französischen Öffentlichkeit nahezu ver- schwiegen, da offiziell zu peinlich, leben in den Tempeln der Republik hinter einer wohlbehüteten Frohsinns- fassade ungeahnt mittelalterliche Bräuche fort.


ELITÄR UND NACKT

In Paris etwa krakeelte nackt eine Gruppe jungen Fran- zosen über den Boulevard Saint- Germain. Ihr Ziel: das Künstler-Café "Le Deux Magots". Die designierte Kunst- elite der École des Beaux-Arts hat hier, so bestimmt es das Aufnahmeritual, im gediegenen Jugendstil-Inte- rieur "sendungsbewusst und unbekleidet" Kaffee zu trinken und natür-lich die Marseillaise zu singen.

In Lyon mussten sich Studentinnen zur Wahl einer "Miss Nympho" nackt ausziehen. Ein Video hielt ihre Entblößung fest. Die Kassetten wurden später heim- lich verkauft. Minderjährige Mädchen wurden an der Universität Lyon III von angetrunkenen Studienkame- raden gezwungen, an einer zwischen Männerbeine geklemmten Banane zu lutschen.

REITPEITSCHEN

Mit Reitpeitschen oder Baseballschlägern sorgen nicht selten Kapuzenstudiker dafür, dass niemand aufzu- mucken wagt; Vergewaltigungen inbegriffen. Heißt es doch neuerdings fast ausnahmslos in allen Begrüs- sungsschreiben des akademischen Neuanfangs eines jeden Jahres: "Scheue weder vor Erniedrigung noch vor totaler Unterwerfung zurück. Wisse, dass jede Rebellion im Keim erstickt wird. Das Tribunal wird dich richten."

In Bordeaux hatten sich alle Mädchen und Jungen zu entkleiden und zur Begutachtung aufzustellen. Bei den Mädchen reichte Schönheit aus, bei den Jungen hin- gegen durften sich nur jene zu den Siegertypen zählen, die die prächtigste Erektion vorzeigen konnten.

In Lille sorgt insbesondere die katholische Fakultät der Universität mit ihren Zutaten zum "Bizutage-Menu" für Furore, das dort alljährlich für jeden Anfänger unter Zwang verabreicht wird; als Beleg "christlicher Ethik", wie es in einem offiziellen Rundscheiben des Dekans verlautbart.

RÜDE ATTACKEN

Röchelnd wie würgend versucht der halb nackte Theologiestudent Gilbert Descours seinen älteren Kommilitonen zu entkommen. Doch kräftige Hände halten ihn nieder, sperren ihm den Mund auf und schütten ihm mit einer Kelle die gefürchtete "Suppe" in den Schlund - ein Gebräu aus Rotwein und Urin, Öl und Erbrochenem. Nach jener obligatorischen Drangsal gibt es immerhin - Katzenfutter als Dessert.

In keinem anderen Land Europas sind junge Menschen auf dem Weg in die Universitäten derlei mittelalterliche Initiationsriten ausgesetzt wie in Frankreich. Aber auch in keiner Nation wird dem Hochschuldiplom eine solch lebensbestimmende Karriererolle zugewiesen, wie in eben diesem Frankreich.


NAPOLÈON III.

In früheren Jahrzehnten war die Bizutage, die seit der Zeit von Napoléon III. (1852- 1870) existiert, quasi eine Taufe; nichts anderes als ein angeblich hübscher Scha- bernack, den ältere Studenten mit den Neuankömm- lingen erlesener Lernanstalten trieben. Dabei wurden derlei entwürdigende Ausschreitungen oft beschrieben, kritisiert, sogar mit "Nazi-Bräuchen" verglichen, so von der sozialistischen Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal (2007). Das Magazin "Le nouvel Observateur" titelte gar: "Tyrannei der Dreckskerle". Die Tages- zeitung "Le Monde" geißelte die Bizutage "als einer zivilisierten Nation unwürdiges Brauchtum".

Und ganz allmählich schien die Bizutage, seit dem Jahre 1928 ohnehin offiziell als Unsitte per Ministererlass gebrandmarkt, durch den 68er Rebellengeist vom Campus endgültig verbannt zu sein. Lediglich die elitären Grandes Écoles mochten sie nicht von ihren erprobten Mannbarkeits-Auswüchsen trennen.

Doch auf einmal waren sie wieder da, die Bizutages, als Renaissance französischer Tradition belobigt. Klima- wandel. Selbst kleine Handelsschulen in den Provinzen oder auch private Gymnasien vielerorts in der Republik wetteifern nunmehr ihren fragwürdigen "Vorbildern" nach. Auf diese Weise hoffen sie, sich etwas vom Flair der Großen ans Revers heften zu können.

SOS BIZUTAGE

"Das Dilemma ist", bemerkt Jean-Claude Delarue als Präsident des Bundes gegen Beamtenwillkür, "unsere Schüler lernen, dass sie im Land der Menschenrechte leben, und als Studenten erleben sie einen Albtraum." In seinen Pariser Büroräumen ließ er schon vor Jahren vorsorglich einen Telefonnotdienst "SOS Bizutage" einrichten. Aber selbst dort wollen traumatisierte Opfer allenfalls anonym auspacken. Oft melden sich aufge- brachte Eltern anstelle ihrer gerupften Kinder. "Die Studenten", weiß der Pariser Psychiater Samuel Lepastier, "plagt ein Zielkonflikt. Entziehen sie sich der Erniedrigung, werden sie verstoßen. Passen sie sich an, haben sie mit unendlichen Schuldgefühlen zu kämpfen."

STRAFVERFOLGUNG

Ergo kommt es zur Anzeige, zur Strafverfolgung fast nie. Ein "Gesetz des Schweigens durchzieht das Land", kon- statiert die Tageszeitung "Liberation". Ausnahmslos ängstigt die Opfer, von der Gemeinschaft ausgestoßen zu werden, die Korpskarriere in Wirtschaft oder Ver- waltung zu verbauen, wenn sie als Opfer solche pervers-verächtlichen "Elitepraktiken" publik machen.

Ein gewiss nicht nur ungeschriebenes französisches Gesetz besagt, dass Abweichler oder Petzer nach Studierende nicht mit der Förderung durch die Ver- bände der ehemaligen Kameraden qua Empfehlung rechnen können. Und das will etwas heißen. Denn ohne Protektion war und ist in Frankreich nun mal kein ein- träglicher beruflicher Aufstieg zu haben.

STAATSPRÄSIDENT ALS HUHN

Bizutage-Zeit in Paris - ob an den Grandes Écoles oder auch in den privaten Schulen der Provinzen. Unter- schiedlich sind Herkünfte, Qualifikationen, Erwar- tungen, Versagerängste und natürlich angestrebte Zukunftsprofile. Als Paradebeispiel gilt die Begebenheit mit Giscard d'Estaing. Sie wird Jahr für Jahr auch ungefragt erzählt, als sei sie erst gestern passiert. Ex-Staatspräsident Valéry Giscard d'Estaing (1974-1981) musste sich als Neuling an der "École des mines" splitter- nackt mit Leim und Federn in ein riesiges Huhn verwandeln lassen.

Die Konsequenz schien zwingend. Einmal im Elysée, hievte er seinen einstigen "bizuteur"André Giraud gleich auf den Posten des Industrieministers - Französische Bizutage-Karrieren. Und die beruhigen allemal.


Sonntag, 17. September 1995

Buchkritik - Eine Reise durch das Frankreich der Frauen


Hessische Allgemeine, Kassel
17. September 1995
von Ina Joop

Recklinghäuser Zeitung, Marl
21. Oktober 1995
von Angela Lamza

Nürnberger Zeitung
26. Juni 1995
von Sharon Chaffin

Neue Zürcher Zeitung
25. April 1995
von Christane Schott






Recklinghäuser Zeitung , Marl
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Manch eine Zeitgenössin wird es vielleicht als Provo-kation empfinden: Der Autor des Buches "Vive la fran- çaise - Die stille Revolution der Frauen in Frankreich" ist ein Mann, ein deutscher Journalist , der mit einer Französin verheiratet in Frank-reich lebt. Aber auch dieser Hinweis wird nicht ausreichen, um als Autor eines Buches über Frauen in Frankreich zu überzeugen. Seine Aufzeichnungen mischen sich - und das sehr heftig - in die Frauendebatte dieser Jahre ein.

Der 46jährige Journalist Reimar Oltmanns gehört zu jenen Männern, die im Emanzipations-bestreben der Frauen den eigentlichen zentralen gesellschaftlichen Sprengsatz kommender Jahrzehnte ausmachen. Als er noch in jenen Frauen bewegten Jahren in Deutschland lebte, porträtierte er Politiker- innen auf dem dornigen Weg an die Macht. Er beschrieb ihren Gestaltungsspielraum, ihre Visionen und ihre Hoffnungen.

In Frankreich ging er den umgekehrten Weg. Über zwei Jahrzehnte reiste Reimar Oltmanns durch die Re- publik und war dem Selbstverständnis der Franzö-sinnen auf der Spur - schwierige und geduldige Lern-prozesse! Er war bei den Soldatinnen von Kampfein- heiten in La Valbonne, bei den Ingenieurinnen in den Kernkraftwerken, bei den Bäuerinnen, Pilotinnen, Fischerinnen und Politi-kerinnen. Er beschreibt junge Mädchen in ihrer Perspektivlosigkeit - aber auch Mäd-chenhandel und Prostitution.

Bei seinen Reportagen und Milieu-Recherchen ließ sich Reimar Oltmanns von einem Hauptgedanken leiten: Warum verlaufen die Emanzipationsprozesse in Frank-reich so ganz anders - in manchen Bereichen entgegen- gesetzt - als in Deutsch-land? Warum ist die Französin in ihrer Selbstbehauptung viel weiter als ihre deutsche Nachbarin?

Und er behauptet: In den letzten fünf Jahren haben Französinnen mehr in ihrem Land verändert als in den 25 Jahren zuvor: Ohne inszenierten "Geschlechter-kampf" und ohne angemessene politische Repräsentanz erreichten Frankreichs Frauen, dass die gesellschaft- lichen Rahmenbedingungen wesentlich verstärkt auf ihre Be-dürfnisse zugeschnitten wurden. Frankreichs Frauen verzichten weder auf Kinder noch auf Karriere. Ob in den Provinzen oder in den Ballungszentren: Die Französin ist längst zu einem Machtfaktor geworden. Frankreichs Frauen rollen ihr Land von unten, von der Basis auf. Längst diktiert eine erkennbare feminine Atmosphäre Umgang und Geschehen in unserem Nachbarland.

Reimar Oltmanns Buch ist ein Buch über das Land Frankreich: Eine Reise durch das Frankreich der Frauen; durch virulente Veränderungen und Wider-sprüche einer Gesellschaft, durch markante Milieus und rasante wirtschaftliche wie soziale Umbrüche in den neunziger Jahren. Und es ist ein Buch, das Nachdenk- lichkeit erzeugt. Ganz im Sinne der Pariser Philosophin Elisabeth Badinter: "Die Deutschen führen Krieg mit ihren Männern. Aber ich finde, die Situation der französischen Frau ist wesentlich besser als die der Amerikanerin oder Deutschen. Denn wir haben mehr Rechte, mehr Gleichheit, auch in der Mentalität."


Hessische/Niedersächsische Allgemeine, Kassel
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"Sie müssen denken wie ein Mann, sich geben wie ein junges Mädchen , aussehen wie eine Dame und arbeiten wie ein Pferd." Mit diesem Satz im Hinterkopf verließ Reimar Oltmanns Ende der 80er Jahre Deutschland. Und in seiner neuen Heimat Frankreich sollte plötzlich nichts mehr so sein wie es einmal war - für einen Mann in den Irrungen und manchmal auch verbissenen Wirrungen der deutschen Frauenbewegung. Der Jour- nalist und Autor unserer Zeitung sah sich als "neu sozialisiertes Männlein Frauen bewegter deutscher Jahre" mit einer ihm bis dato unbekannten Art von Frauenbewegung konfrontiert.
EIN LOBLIEB
Schwärmerisch schwelgt er in einer von "femininer Atmosphäre" und "vitaler weiblicher Gestaltungskraft" durchdrungenen Französischen Republik. "Vive la Française!" - Der Buchtitel ist Programm: ein Loblied auf die Französinnen. Nun hat das weniger damit zu tun, dass Oltmanns sein jüngstes Werk seiner franzö- sischen Frau Jannick Boulle gewidmet hat, als vielmehr damit, dass ihn "Die stille Revolution der Frauen in Frankreich" nachhaltig beeindruckt und fasziniert hat.

Gut gemeinte Warnungen deutscher Feministinnen begleiteten den Autor: romanisch-katholisch Männer- obrigkeit ersticke feminine Machtverlagerungen schon im Ansatz. Seine Antwort: "Weder von der Kirche noch von den Männern würden sich die französischen Frauen ihre Weiblichkeit nehmen lassen". Und dabei hätten sie in den vergangenen fünf Jahren mehr verändert als in den 25 Jahren davor

Oltmanns: " Die Französin ist längst zu einem Macht- faktor geworden. Sie rollt ihr Land von unten - von der Basis - auf." Wer nun glaubt, es handele sich bei diesem Buch um einen reinen Jubelbericht eines Mannes auf die Medames und Made-moiselles, liegt falsch. Sicher kann Oltmanns seine Begeisterung für Frankreich und seine Bewunderung für die Französinnen nicht verber- gen. Unkritisch feiert er aber weder das Land noch die Frauen.

Oltmanns hat sein Buch angelegt als eine lesenswerte Reise durch das Frankreich der Frauen. Jedes Kapitel erschließt einen anderen Lebensbereich der französi- schen Gesellschaft. Und das konsequent aus Frauen- sicht. Oltmanns besuchte die Frauen in Frankreichs Armee, in den Fischerdörfern und Kernkraftwerken, sah sich bei Bäuerinnen, Nordafrikanerinnen, Prostituierten und Prominenten ebenso um wie bei Arbeitslosen und den Frauen aus der Résistance und aus der Politik.

Herausgekommen sind feingeschliffene Milieu-Studien - mit Seitenhieben auf eine hartnäckige aber weniger erfolgreiche Frauenbewegung in Deutschland. Die Reportageform, wie sie unsere Leserinnen und Leser aus Oltmanns' Beiträgen für die Sonntagszeit kennen, macht aus der minutiösen Sammlung von Fakten, den Hintergrund-Recherchen, Momentaufnahmen, Zeit- lupenbeobachtungen und Porträts hautnahe - weil erlebte - Schilderungen.




NÜRNBERGER ZEITUNG
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... ... Sein Buch ist angereichert mit Wissen über Land und Leute, immer wieder baut er in seinen Reportagen Brücken zur französischen Vergangenheit, sinnvolle Ver-gleiche zwischen Deutschland und Frankreich, den beiden Kulturen. Besonders gelungen sind ihm detail- lierte Personenbeschreibungen, beispielsweise die Lebensgeschichte von Patricia Kaas; jenes Aschen- brödel , das aus einer armen, kinderreichen Bergmanns- familie zur Chanson-Sängerin mit internationalem Ansehen avancierte und nun auf dem Höhepunkt ihrer Karriere ihre eigene Person, ihre Identität nicht mehr erkennen kann.



NEUE ZÜRCHER ZEITUNG
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... ... Als aufmerksamer Beobachter des Landlebens im speziellen und des Gastlandes präsentiert Reimar Oltmanns reichhaltiges Zahlenmaterial, originelle Wortbeiträge der Interviewpartnerinnen und infor- mative Exkurse in die Revolutionsgeschichte und hinter den Kulissen des Elysée-Palastes.















Samstag, 2. September 1995

Au bout de la plume: "Vive la française" un livre sur les femmes en France


Journaliste-écrivain allemand vivant à Bourg-en-
Bresse
. Reimar Oltmanns vient de publier un livre
sure la femm
e française.



Le Progrès, Bourg-en-Bresse
le 2. septembre 1995
par François Villeminot


Non, Reimar Oltmanns, ce journaliste et écrivain allemand de 46 ans, n'a pas voulu provoquer ses concitoyennes en écrivant dans sa langue maternelle "Vive la Française", qui vient d'être publié en Allemagne. Même si l'auteur est marié à une Française et même s'il vit à Bourg-en-Bresse depuis plusieurs années, il n'est pas tombé dans le piège d'une admiration béate face à tout ce qui porte le label "made in France". Cet ouvrage sous-titré "La révolution tranquille des femmes en France" est une véritable étude de société. Elle constitue en cela une pièce supplémentaire versée au dossier et elle risque, à ce titre, d'alimenter le débat sur les femmes au cours de ces dernières années.

Le parcours humain et professionnel de Reimar Oltmanns lui confère une qualité d'observateur privilégié. Journaliste ayant exercé son activité en Allemagne, grand reporter envoyé aux Etats-Unis, en Amérique latine en Asie et en Afrique puis corres- pondent durant deux années en Italie, il ne s'est pas contenté de rendre compte de l'aspect éphémère des événements. Il a su, au contraire, relier les donnés offertes par ses multiples champs d'obersvation et en tirer, grâce à sa disponibilité intellectuelle, une synthèse qu'il enrichit au quotidien.

A ce titre, il se défend de faire oeuvre de romancier, privilégiant, dans se démarche, l'étude de milieu. Un milieu qu'il s'attache à décrire avac précision et sensi- bilité, de manière à faire pénétrer ses lecteurs dans un décor et dans une atmosphère.

VOISINES MAIS DIFFÉRENTES

A son arrivée en France, Reimar Oltmanns a constaté que la lutte des sexes devenue obsessionelle en Alle- magne, aux Etats-Unis et même en Italie, ne se présen- tait pas dans l'Hexagone en termes de confrontation. Au fil des mois, il s'est rendu compte aussi que "la femme française n'avait pas étré reléguée come simple appoint de la vie économique".

Lui sont revenues alors en mémoire les réflexions de ses concitoyennes féministes jugeant la suprématie des hommes francais pétris de cultur catholique et romaine comme un obstacle à toute vellérité de pouvior féminin.

Reimar Oltmanns dénonce aussi une certaine presse allemande. Une "presse de boulevard" trop florissante et qui contribue á cette distorsion de l'image outre Rhin de la femme française.

"Au cours de ces dernières années, cette catégorie de magazines s'est complu à utiliser, à des fins perverses, de vieux stéreotypes du dixneuvième siècle". Des clichées tellement simplistes et restrictifs qu'ils cantonnent "les courtisanes sur les Champs-Elysées et les bonnes au foyer". Et l'auteur s'interroge alors sur les raisons d'une telle méconnaissance, "alors que le chemin entre l'Alle- magne et la France est si proche". Alors qu'Allemandes et Françaises ressemblent étrangement à des voisins de palier. Et si ces images surannées n'étaient pas autre chose qu'une facon de se prémunir contre certaines vagues de fond?

RECOURS AUX EMBLÈMES

Statistiques à l'appui, Reimar Oltmanns pose une autre question qui porte en elle-même les premiers éléments de reponse. "Si c'est vrai qu'en France, les femmes n'ont rien à dire , commont expliquer précisé- ment que se soit la Française qui, au regard de l'Europe, soit la plus présente dans la vie active, avec toutes les infrastructures - écoles, cantinesk crèches - qui lui permettent un tel investisment?" Et l'auteur décline d'autre avancées comme la loi relative à l'inter- ruption des grossesse qui en Allemagne, en est restée au stade des discussions.

Au fil de douze chapitres et souvent à travers des figures emblématiques. Reimar Oltmanns illustre son propos. Il lui donne chair, intelligence et audace. Il démontre, même si bien du chemin reste à parcourir, que la femme françaises a su partir de la base pour faire sauter, par exemple, les verrous des métiers masculins. Et l'on fait connaissance avec des femmes soldats ou pilotes de ligne, avec des femmes pêcheurs et des pay- sannes.

Apparaissent aussi la jeune femme sans qualification, la femme immigrée et la prostituée. Cette dernière donne l'occasion à l'auteur de prononcer un long réquisitoire contre la prostitution et l'organisation du trafic. "Les accords de Schengen ouvrent les frontières à de pré- tendus corps de ballets et servent de paravents à un véritable trafic de femmes".

L'un chapitres les plus forts concernce les femmes de l'ombre. Ces résistantes dont Reimar Oltmanns éclaire les visages dans un exorcisme émouvant. "Quand on se penche avec minutie sur ce problème, on com- prend l'absurdité de ce qui s'est passé entre Allemagne et la France".

Il ne se contente pas cependent d'apporter sa pierre aux relations franco-allemandes, Il va plus loin pour élargir sa vision à l'échelle de l'Europe. Une fois de plus, il inter- roge: "Où onduit cette Europe si elle ne s'inscrit que dans un cadre strictement économique?" Lui qui a is ses pas sur les sentiers de la France profonde, de ses modes de vie et de la comunion entre les êtres, en appelle à un sursaut, à uns prise de consience pour que cette qualité de vie ne soit pas laminiée.











Donnerstag, 24. August 1995

Lourdes qui rit, Eglise qui pleure - Cette des miracles et crise de la foi



















La ville des miracles se porte bien. Mais cette vitalité cache un désarroi profond au sein de l'Eglise catholique en France. Avec la menace d'un schisme entre intégristes et progressistes. Une analyse sans complaisance du journal alternatif de Berlin.


Courrier international,
Paris
24. août 1995
de Reimar Oltmanns

Au pied des Pyrénées, Lourdes, Idyllique. Atmosphère de tourisme teintée de religiosité, ambiance de foire mêlée de piéte. Bigots et bibelots. Sainte Vierge en plâtre et en plastique, Sainte Vierge aurélée de petites ampoules éle- ctriques. Avec plus de douze millions de visiteurs par an, Lourdes est devenue le plus grand lieu de
pèlerinage au monde.

Philippe Douste-Blazy, quarante-six ans, maire de Lourdes, estime que " la foi chré- tienne ne répond plus aux questions existentielles des individus. En revanche,
Lourdes joue encore ce rôle. Ce qui explique que les masses affluent dans la ville: Lourdes est devenue, sans le vouloir; un haut lieu de culte qui marche formidable-ment bien." Parfois, il se surprend à contempler pensivement cette foule immense venue regégénérer sa foi. "Vous savez , le fondamentalisme s'est brusquement ré-veillé non seulement chez les musulmans, mais aussi dans l'Eglise catholique, sou-ligne-t-il. Les cathédrales sont vides, les caisses sont pleines, l'entre-prise est impo-sante - mais la foi est bien souvent minime. Il y a plus que jamais urgence à engager uns nouvelle mission évangélisatrice du monde moderne. Lourdes, avec ses 18.000 habitants, en est le bastion. En France et un Europe." Une Mecque des mythe, des légendes et des exagérations caricaturales dans un siècle acquis à la rationalité et à l'affût du progrès.

2,5 millions d'handicapés sont été conduits à Lourdes

Lourdes, été 1995. D'un pas nonchalant, une colonne de pèlerins se dirige vers la

basilique. L'église fut inaugurée en 1958 pour le centenaire de l'apparition de la Vierge aux yeux de Bernadette Soubirous. Fille d'un pauvre meunier, celle-ci a eu plusieurs visions de l'Immaculée Conception. Dans l'imposante maison de Dieu, près de 200 mètres de long sur 80 mètres de large, 25.000 croyants peuvent réciter leur prière dans uns acoustique étourdissante. Les temps sont révlous où seuls les ma-lades plaçaient de fervents espoirs en un authentique miracle. En tout, 2,5 millions d'handicapés physiques ont été conduits à Lourdes. Pas moint de 3.500 guéri-sons ont été attestées par des médecins. Dont 65 ont été officiellement authen-tifiées comme miracles par Rome.

"Chemins de la spiritualité biblique"

Les temps sont également révolus où Lourdes se devait d'insuffler un nouvel élan, de nouvelles légendes au mythe de la Sainte Vierge. Désormais, en ces temps de crise qui secouent les chrétiens, la formule magique qui fascine tient en un mot: ésotérisme, Séminaires de recueillement, découvere des "chemins de la spiritualité biblique", entraînement à la pratique des prières et implerations de la Vierge censées ouvrir la voie vers la guérison, l'Eglise de France ratisse large pour rassembler ses ouailles. Et faire concurrence au bouddhisme et à l'islam. Il y a longtemps que Lourdes est devenue, sur ordre du pape Jean-Paul II, une dépendance parfaite de la Curie romaine. La France n'est-elle pas la fille aînée de l'Eglise?

L'évêque Johannes Dyba, aumônier militaire allemand, participe à Lourdes au pèlerinage militaire inter- national, qui regroupe 25.000 hommes. La Bundeswehr y est présente avec 3.000 hommes et 6 trains spéciaux.

Les vieilles cathédrales se dépeuplent, coûteux vestiges d'une culture à la dérive

L'évêque a même fait venir 40 des soldats malades. D'autres soldats les portent sur leurs épaules pour parcourir, au pas, le chemin de croix. Le soir, on chante beaucoup dans les cafés: chanson à boire ici, Lili Marleen là, l'humeur est à la bière dans le sud de la France. Atmoshère permissionnaire et ambiance de jour de fête. La petite ville de Pyrénées grouille d'uniformes de toute sorte, du treillis à la tenue militaire, plus seyante pour les charmes de la ville. Et le père Schadt, l'aumônier militaire, prêche sur le terrain de football: "Les gars, nous jouons avec et pour la vie. Notre Vierge Marie est l'entraîneur et Dieu est le président." (Pèterinage à Lourdes, été 1994.)

Grands groupes d'édition et de presse

L'ambiance lourdaise contraste avec la profonde crise d'identité et de structure de l'Eglise catholique. La survie e l'Eglise française est assurée par les milliers d'écoles privées catholiques - on en dénombre près de 10.000 - et les grands groupes d'édition et de presse qui comptent 500 titre et réalisent n chiffre d'affaires de près de 300 million euro par an. Si, en 1946, le tiers des Français se rendait à la messe du dimanche, lis n'étaient plus qu'a peine 8 % en 1991. Et les 1.400 candidats à la prêtrise de la fin de la Seconde Guerre mondiale ne sont plus qu'une centaine aujourd'hui. Atmosphère de fin du monde dans une République où, de'Atlantique aux rives du Rhin, les vieilles cathédrales se dépeuplent pour apparaître comme de coûteux vestiges d'une culture à la dérive. Pourtant, dans toute son histoire, Lourdes a touijours été un révélateur des bouleversements du monde chatholique.

Aujourd'hui, subrepticement, elle est devenue un fief du fondamentalisme clérical. Tout à fait l'esprit de l'arche- vêque de Paris, Mgr. Jean-Marie Lustiger, "Les Lumières ont donné naissance au totalitarisme, en divinisant la raison humaine. Une Eglise qui se disloque elle-même sous l'effet de l'esprit des Lumières ne peut pas sauve le monde. S'il existe un décalage entre l'elite et le peuple, il y a risque de fracture."

Baptisez les foetus avortés

Rome et Saint-Siège, la reconquête de l'Europa par le catholicisme - Lourdes et ses conséquences. Sur le parvis de la basilique, dix femmes enceintes venues de Tou- louse attendent de pouvoir entrer. "Baptisez les foetus avortes et enterrez-les religieusement, Monseigneur", peut-on lire sur leurs banderoles. Derrières elle se pressent une cinquantaine d'hommes, tous membres des commandos anti-avortement. Depuis des mois, ils font les gros titres. Surtout, ils ont la morale officielle des cardinaux de leur côté. A Grenoble, en octobre dernier, le père Gérard Calvet s'est même enchaîné avec huit de ses adeptes à des lits de la clinique uni-versitaire de la Tronche. Lorsque, en janvier dernier, cd bénédictin et ses adeptes ont été condamnès à 800 Euro d'amende, il était clair que l'archevêque de Paris paierait. De toute façon, la peine de prison a été prononcée avec sursis. (France 1995).

Mgr. Jacques Gaillot, l´évêque d'Evreux

Jamais, en France, l'Eglise catholique 'a été aussi déchirée, aussi paralysée, aussi menacée de scission, Non au divorce, non à la contraception, non à l'avorte- ment, non au mariage des prêtres , non à l'ordination de femmes. Mais oui à l'exclusion de ceux qui veulent insuffler une nouvelle force de vie au catholicisme d'aujourd'hui et lui rendre ainsi une certaine crédibilité. Mgr. Jacques Gaillot, l'évêque d'Evreux démis de ses fonctions par le pape en janvier 1995, a décidé de se joindre aux exclus du pays, les SDF, les malades du sida, les chômeurs, ceux qui dépendent de l'aide sociale.

Il y a longtemps que le nom de Gaillot est devenu, pour les chrétiens, synonyme de la division: l'Eglise qui se vit au quotidien: 50.000 personnes se sont rendues à Evreux il y a six mois: plus de 100.000 ont signé des petitions contre l'exclusion de Mgr. Gaillot, parce qu'il était présent, "la où, mal-heureusement, en tant qu'Eglise, on ne nous trouve pas souvent": "Vivre l'Evangile" était, pour lui, plus important que les messes, processions et autres pèlerinages mystiques. Cependent, Mgr. Gaillot ne pouvait pas deviner que les cardinaux de France s'etaient déja mis d'accord, un an après sa nomination en 1985, pour inciter le pape à le démettre de ses fonctions d'évêque d'Evreux. A l'époque, Mgr. Gaillot était le seul évêque français à s'être prononcé contre la désision de la conférence épis- copales: "Assurer öa paix grâce à la dissuasion nucléaire". Une décision qui fut prise à la basilique de Lourdes.


















































Samstag, 19. August 1995

Frische Luft für die Gesellschaft







































Als Kunststudentin an der Pariser École du Louvre lebte die Konservatorin Marie-Françoise Poiret schon im 19. Jahrhundert - in den Museen und Grands Palais. Ob nun in der Provinz in Bourg-en-Bresse am Musée de Brou oder dann wieder im Musée d'Orsay, der Louvre, das Musée national d'art moderne oder auch das Centre Pompidou - eine zentrale Frage durchdrang jedwede Epochen. Wie viel Architektur braucht die Macht, um sich zu profilieren. Wie viel Macht braucht die Archi- tektur, um von sich reden zu machen? - Männer-Grandeur. Frauen-Befunde.

Frankfurter Rundschau
vom 19. August 1995
von Reimar Oltmanns

Als junge Kunststudentin an der École du Louvre lebte Marie-Françoise Poiret schon ein bisschen wie im 19. Jahrhundert; genauer gesagt im Paris der Museen und Grands Palais, die in ihrer Monumentalarchitektur allenfalls drei Fixsterne vergangener Jahrhunderte dulden: Kunst, Kultur und natürlich Paris als "wahrlich kulturelle Hauptstadt der Welt" - als markanter Brenn- spiegel einer vom französischen Kunstverständnis geprägten Epoche.

SELBSTFINDUNG IN SACHEN KUNST

Es waren erst die siebziger Jahre dieses Jahrhunderts, in denen Frankreichs Frauen erstmals ihre Selbstfindung in Sachen Kunst wie auch Architektur suchten. Jene Ära des Aufbruchs schuf ein offenes, diskussionsfreudiges Klima. Erstmals wurde der gesellschaftliche Zustand der Republik transparent anhand der Kunst reflektiert - ein latente Antifeminismus der Kulturnation wurde dabei ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Es waren auch die Jahre der Fotografin Annette Messager, die nachfolgende Frauen-Generationen beeinflussen sollten. In ihrer Pariser Ausstellung des Jahres 1977, "Die Por- träts der Geliebten", geißelte sie mit ironisch-bissigem Blickwinkel das von der Werbeindustrie vorfabrizierte Image der Feminität. In ihren späteren Exponaten rückte Annette Messager das eigene Verlangen, ihre Gefühle in den Mittelpunkt. Oder auch die Malerin Anne Marie Jugnet. Mit ihren Botschaften wehrt sie sich gegen das "Gefühl des Blindwerdens" durch unent- wegte Reizüberflutung samt austauschbarer Bilder- bombardements in Massenmedien.

Zumindest aus diesem noch zaghaft keimenden gesell- schaftlichen Klima eines künstlerischen Frauen-Em- pfindens heraus entwickelte Marie-Françoise Poiret ihr Berufsziel: Sie wollte Konservatorin werden. Nur Französinnen , die waren in über zweitausend Museen der Republik nicht vorgesehen. Dementsprechend tauchte der französische Frauenanteil an den Kultur- gütern der Nation in früheren Jahrzehnten auch in keiner Statistik auf.

"GESICHTSLOSE VAGINA"

Frankreich im Sommer '95 - ein Bild macht Furore und gibt zugleich den Blick frei auf den scheinbar konser- vierte kulturelle Gemütslage der Republik. Im Pariser Musée d'Orsay hängt neuerdings auch Gustave Cour- bets kleines Bild "L'Origine du monde" (Ursprung der Welt). Es zeigt, wie der Pariser "Nouvel Observateur" schrieb, "ein seidenglattes Geschlecht mit einsamer Begierde" - einen Frauenkörper ohne Gesicht. Dafür einen liegenden Torso mit geöffneten Beinen. Im Jahre 1866 hatte es Gustave Courbet gemalt. Seither war es weitgehend der Öffentlichkeit entzogen. Kaum jemand ahnte, dass die "gesichtslose Vagina" seit 1955 der fran- zösische Psychoanalytiker Jacques Lacan in seinem Landhaus versteckte. Er starb und seine Erben spen- deten es dem Staat, um so der Erbschaftssteuer zu entgehen.

Die französische Kunst hatte ihr Thema - ihr sommer- liches Frauenthema. Gewiss wird dabei vordergründig über Grenzüberschreitungen, dumpfe Zurschaustellung, gar Frauendiskriminierung geredet. Aber allenfalls in winzigen Sprechblasen oder Begleitsätzen zum üppig veröffentlichten Vierfarbfoto in fast ausnahmlos allen Illustrierten; als Entlastung des sittsam genormten Anstands sozusagen. "Ja", stöhnt die Kasseler Leiterin der documenta '97, die Pariser Kuratorin Catherine David, unser Kunstbegriff ist revisionsbedürftig. Kunst ist nun mal kein weibliches Konsumprodukt."


MÄNNER-GRANDEUR VERBLICHENER TAGE

Wohl in keinem anderen Land der westlichen Welt ist die Verbindung zwischen Kunst, Machtpolitik samt ihrer Identitätsgeschichte so prestigebedacht eng gezurrt wie in Frankreich. Wohl keine Kulturnation starrt so inständig auf längst verflossene Jahrhunderte, die da Grandeur - Männer-Grandeur - verhießen, um "für Ruhm und Stabilität" der Republik zu sorgen, wie es in zahlreichen Erlassen so mancher Innen- minister unterschiedlichster parteipolitischer Couleur geschrieben stand. Wenn überhaupt jemand sich in Frankreich in einem Museum engagieren durfte, musste er sich nach seinem obligatorischen Kunststudium bis dato einem individuellen Tauglichkeitstext unterziehen. Weltweit ein einmaliges, vornehmlich Frauen selek- tierendes Männer-Spektakel. Eben ein willkürliches Prüfungsverfahren, das keine allgemein gültigen Quali- fikationskriterien kannte. Marie-Françoise spielte für ihr Konservatoren-Examen noch "Monopoly", wie sie es nennt. "Qui, quoi, où" (wer, was, wo) waren in jenem Beziehungsgeflecht allemal hilfreicher als Kenntnisse und Ideen.

MILIEU AUS ANDEREN WELTEN


Marie -Françoise sagt: "Frauen werden in ihrem Selbst- wertgefühl nicht gestärkt und auch nicht ermutigt, in die Männer-Domänen einzudringen, wenn sie unter Männer-Dominanz ausgebildet werden." Erst mit der Schaffung des "Instituts International d'Historie des Arts et du Patrimonie" - im Jahre 1993 in der Ära des sozialistischen Kulturministers Jack Lang - wurden allgemein verbindliche Ausbildungswege beschlossen, eine Ungerechtigkeitslücke gestopft. "Das brachte", bemerkt die im Jahre 1994 ernannte Direktorin der Musée de France, Françoise Cachin, "viel frische Luft in diese miefige Gesellschaft hinein." Ein von der Außen-welt abgeschirmtes Milieu, dem seit dem 19. Jahr- hundert keinerlei Veränderungen widerfuhr. Hieß ihre Institution, die immerhin 34 Staatsmuseen verwaltet und zudem die Aktivitäten weiterer tausend unter ihrer Obhut betreut, doch bis nach dem Zweiten Weltkrieg noch bezeichnenderweise "Musées Napoléon".

Ganz plötzlich waren sie da - Frankreichs Frauen in den männlich geschützten Kulturhochburgen von ehedem. Der leise Frauenmarsch durch die ehrwürdigen Institu- tionen, durch die Vernissagen der Schlösser und der oft verschlummerten Provinzmuseen der Republik hatte be- gonnen - nachhaltig und alsbald in der Überzahl.

Im gesamten Kulturbereich Frankreichs vermochten Französinnen in den vergangenen vier Jahren ihr Engagement (auch in Teilzeitarbeit) um 30 Prozent steigern. In Zahlen: Anno 1988 waren es 51,4 Prozent im Jahre 1992 schon 81,4 Prozent. Im Bereich der Bilden- den Künste erreichten Studentinnen ein Patt. An der renommierten École du Louvre sind die Frauen auf dem Vormarsch. Nur noch 534 Männer lernten im Jahr 1994 an dieser Hochschule, die die Konservatoren ausbildet. Dafür saßen im selben Zeitraum insgesamt 2.438 Frauen (82 Prozent) in den Hörsälen.

Mit der 59jährigen Kunsthistorikerin Françoise Cachin - sie ist die Enkelin des neoimpressionistischen Malers Paul Signac (*1863+1935) - steht seit 1994 zum ersten Mal überhaupt eine Frau an der Spitze der französi- schen Museen. Immerhin zählt der Louvre in Paris jährlich mit fünf Millionen Besucher, das Centre Pompi- dou betreten täglich 26.000 Menschen (pro Jahr 7,7 Millionen). Ob Französinnen oder Touristinnen - auf jeden Fall sind es Frauen, die die Mehrheit der Museumsbesucher stellen.

PRESTIGE, MACHT, RENOMMÉ

"Das große Problem Frankreichs ist", gesteht Madame Cachin, "dass man immer Geld für Prestige-Investi- tionen hat. Geht es dann aber um den Unterhalt, den Alltag, die weniger medienträchtigen und glanzloseren Posten, schließen sich die Geldhähne." Immerhin stehen dem Land laut Kulturbudget 1995 insgesamt 2,04 Milliarden Euro zur Verfügung. Es war eine alte Forder- ung der einst regierenden Sozialisten, dass der Kultur- etat im Gesamthaushalt des Staates wenigstens ein Prozent ausmachen sollte. Dieses ehrgeizige Ziel ließ sich zeitweilig auch erreichen. Nur mit dem politischen Akzent: In der Mitterrand-Ära (1981-1995) wurden keine der sogenannten großen Projekte des Präsidenten außerhalb der Hauptstadt realisiert.

Szenenwechsel - ins ländliche, innere Frankreich. Das Musée de Brou im Kleinstädtchen Bourg-en-Bresse im Dreieck zwischen Genf, dem Ort Macon und der Metro- pole Lyon vermittelte bis weit in die siebziger Jahre hinein den Eindruck provienzieller Verschlafenheit - bis die Frauen aus dem fernen Paris kamen und einen "ver- wahrlosten Schatz" vorfanden.

MUSEUM AUS LIEBE ERBAUT

Ob in den Museen in Bordeaux, St Etienne oder auch Grenoble - unmerklich belegte die Kunst in Frankreich verschiedene Regionen mit aufs Land verschickte
Restauratorinnen. In Bourg-en-Bresse war es ein Kloster neben einer Kirche aus der Frührenaissance. Imposant von außen, hoch und hell im Interieur steht sie am Stadtrand. Gebaut wurde die Eglise de Brou in den Jahren 1505 bis 1536 im Auftrag Margaretes von Öster- reich von dem flämischen Baumeister Louis von Boghen. Sie ist, so wissen Kunstführer zu be- richten, "eines der drei Gebäude der Welt, die aus Liebe errichtet wurden." Margarete, Tochter des Kaisers Maximilian von Öster- reich, wollte ihrem Mann ein Denkmal setzen. Er, der Herzog Philibert der Schöne von Savoyen (1480-1504) , starb nämlich nach nur dreijähriger Ehe im Alter von 24 Jahren.

Drei Kreuzgänge sind dem Gotteshaus angebaut worden. Hier versteckte sich früher ein Kunstmuseum vor der Öffentlichkeit wie einst die Augustinermönche ihren Sammeleifer. Mittlerweile könnte jenes Provinz- museum als dezenter Hinweis gedeutet werden, was Frauen zu leisten vermögen, wenn man sie nur ließe.

PROVINZ-GEMÄUER

In einem kleinen, hinteren Erker hockt die 48jährige Museumsdirektorin Marie-Françoise Poiret an ihrem Schreibtisch. In früheren Jahren, da hatte Marie-Françoise nur den Louvre im Kopf. Unvorstellbar war für sie, sich einmal von Paris zu verabschieden. Als ihr die Direktorinnen-Position (Verdienst monatlich 3.100 Euro) Ende des siebziger Jahrzehnts angeboten wurde, da wusste sie auf Anhieb nicht, "wo dieses verdammte Provinznest liegt". Doch Marie-Françoise nahm an, weil sie wusste, dass jeder Direktor dem Museum seinen individuellen Stempel aufdrückt - für Marie-Françoise ihre Frauendiktion.

Zehn Jahre später ist das Musée de Brou für Einge- weihte kaum wieder zu erkennen. Ob in den Büros, Bibliotheken oder auch Ausstellungshallen - weit und breit sind es nur Frauen, die begutachten, werkeln, richten; zehn an der Zahl. Männer fehlen in der Führungsetage; aber es gibt fünf Pförtner oder Auf- seher im Erdgeschoss.

Unbehagen äussern jene Museumsfrauen, weil die Öffentlichkeit zur Jahrhundertwende Frauen in der Kunst immer noch für ungewöhnlich hält. Für die Museumsfrauen sind Künstlerinnen eine Selbstver- ständlichkeit. Dabei ließen sich Marie-Francoise mit ihren Kolleginnen wohl kaum auf einen Stellungskrieg zwischen weiblicher und männlicher Kultur ein. Sie lacht und murmelt: "Eher führen wir hier subversiv Regie." - "Ja, ja", fährt sie fort, "der Bürgermeister hat einen Fehler gemacht, mich hier einzustellen. Wir krempeln Stück um Stück das ganz Museum um."

Was so viel heißt: raus mit den vermotteten Utensilien napoleonischer Beutezüge, die irgendwo in den Kellern einlagern; raus mit den Exponaten lokaler Größen längst verblichener Tage. Es waren vornehmlich Männer aus dem 19. Jahrhundert, deren Konterfeis Schleifen und Kränze eine verstaubte Würde verliehen.

Das Provinzmuseum Brou und seine Konservatorinnen - das sind Frauenbrüche oder auch der langsame Ab- schied von glorreich hochgehaltenen Männertagen, die da als Kunst daherkamen. Auch wenn ihr Etat zur Zeit keine Ankäufe zulässt, wollen sie rein in die zeitge- nössische Kunst, wollen ausstellen, thematisieren, dis- kutieren, wollen rein in die Schulen, um für Kinder den eher abstrakten Kunstbegriff erlebbar zu vermitteln.

GELD-MANGEL

Wenn da nur nicht die Geldsorgen wären. Marie-Françoise verwaltet jährlich etwa 140.000 Euro für neue Präsentationen und den jeweiligen Katalogdruck. Die Stadt kommt mit etwa 550.000 Euro für Personal- ausgaben, Computer- und Telefonkosten, Strom etc. auf. In der Mitterrand-Ära stand den Museumsfrauen für den Ankauf von Kunstwerken ein von Paris bezu- schusster Betrag zwischen 23.ooo und 180.000 Euro zur Verfügung - je nach Haushaltslage. Nur in diesem Jahr bekommt das Brou-Museum wie auch viele andere on der Republik nicht einmal mehr einen Cent aus Paris.

"Als wir noch reich waren", begeistert sich Brou-Konservatorin Marie-Dominique Nivière noch im nach- hinein, "da machten wir drei Ausstellungen im Jahr." "Nein", unterbricht Marie-Françoise, "wir haben 1982 auch schon mal zwölf Vernissagen organisiert. Da hatten wir Frauen einen richtigen Kunsthunger in dieser Region."

KLOSTERRUNDGANG

Es war die Zeit, als Marie-Françcoise in den Niederlanden auf den Bildhauer Richard Serrat stieß. Sie kamen überein, dass er mit zwei neu entworfenen Skulpturen dem Klosterrundgang Eintönigkeit nimmt. Der amerikanische Künstler sorgte für Wirbel in dem Städtchen Bourg-en-Bresse. Wütende Artikel in den Medien, Flugblätter besorgter Bürger, Protestgeschrei vierlerorts. Nur Marie-Françoise mit ihren Frauen blieb eisern - sie setzen Richard Serrat durch. Mit diesem Prestigekampf haben sie sich aber auch erst selber behaupten können. Seither steigt die Besucherzahl ihres Museums stetig. In früheren Zeiten kamen jährlich etwa 40.000 Menschen, um Frankreichs Epoche im 19. Jahrhundert zu bestaunen. Unter ihrer Frauenregie sind es inzwischen cirka 120.000 Besucher - ist das Musée de Brou zum attraktiven Touristenfaktor dieser Region geworden.

Nur eines ist geblieben, wie es schon immer war, wenn auch nur als Ritual. Wenn sich die Direktorin Marie-Françoise Poiret in den Abendstunden auf den Heimweg macht und sich vom Museumspförtner Jacques verabschiedet, ruft dieser - die Mütze aufsetzend - ein "bonne soirée, "Mademoiselle" hinterher.

Dienstag, 25. April 1995

Première Dame de France - Elle osa franchir des frontières - Danielle Mitterrand



































Alors que le tapage retentissant fait autour de Sarkozy-Bruni dans la presse de boulevard actuelle nous amène à nous souvenir du dé- part discret de la scène publique de Danielle Mitterrand, (*1924+2011) de 1981 à 1995 Première Dame de France, et de loin par rapport à celles qui l'ont précédée depuis Napoléon. Avec sa fonda- tion "France Libertés", "elle a aidé dans le monde entier des Hommes privés de droits, sous-alimentés, mourant de faim, menacés par les guerres ou par le virus du Sida. Du point de vue de la classe dominante française , elle fut la "Cen- drillon" de la nation. Et pourtant, l'épouse de François Mitterrand (*1916+1996) a bien plus provoqué que toutes celles qui l'ont pré- cédée voire lui ont succédé jusqu'à maintenant.
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Frankfurter Rundschau
25. Avril 1995
de Reimar Oltmanns
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Quand il s'agit de l'importance de la "Grande Nation", de son rayonnement, de sa gloire, Danielle Mitterrand parle à mi-voix. Un ton qui surprend, traduisant pres- que de l'ennui. "Dans le monde politique, beaucoup d'hommes vaniteux sont hantés par le mythe du pou- voir hérité d'années révolues, comme si nous vivions encore en monarchie. Ils tolèrent seulement des épouses décoratives comme signes de leur charitable bien- veillance, mais pas de femmes qui s'engagent pour les droit de l'Homme et donc aussi pour arracher les droits des femmes. Cela me fait mal ...".
PALAIS DE CHAILLOT
Elle est debout à la fenêtre, au dernier étage du "Palais de Chaillot", place du Trocadéro à Paris. Elle n'a pas élu domicile au Palais de l'Eysée, la résidence du Président avaec ses 395 pièces et ses quelques mille figurants, mais dans les bureaux de l'organisation "France-Libertés" qu'elle a créée en 1986. Un engagement contre la terreur, la violence, le racisme et la misère dans le monde: bien entendu la France comprise. Ce qui pour Danielle Mitterrand signifie "lutter sur un front pour les femmes, c'est s'engager pour les exclus et les sans-droits." Dans les bureaux de "France-Libertés", des collaboratrices - dans leur majorité de jeunes femmes - reçoivent les appels au secours en provenance de la Turquie, d'Irak, d'Algérie, de Bosnie, Téchétchénie ou de Chine. Ce sont toujours les mêmes récits alarmants: torture, assasinat, viols ou extermination partout où régne une sorte d'état d'exception quotidien.
PLUS DE 60 PAYS
Et parmi ces collaboratrices s'active une femmes petite, menue, avec presque une voix de petite fille, une femme qui refuse d'endosser un rôle de chef "parce que nous sommes égales, de la même opinion dans le groupe, voilà." Depuis sa création, "France-Libertés" est engagée dans plus de 60 pays , le budget de fonctionnement est assuré par un capital de basede base de 27 millions de francs (4,12 millions d'euro) et par les dons.
PAS ENVIE DE FAIRE DES MANIÈRES
En France, ce n'est pas un secret que Danielle Mitter- rand n'a jamais ressenti le besoin de se soumettre aux manières du protocole, ce qui jusqu'alors était courant pour l'épouse d'un Président. Elle en rit et me dit briève- ment à ce sujet: "Perte de temps, en partie un manque de goût,de toutes façons superflu. O ne s'installe pas à l'Elysée par fatuité, mais on ne peut y être tout au plus qu'un outil pour une cause."
RÉSISTANCE
En 1944, Danielle Gouze a épousé son François. Elle était la fille d'un directeur d'ecole athée et franc-maçon. Ce qui les réunit ce fut la Résistance contre l'occupant allemand et la vision d'une France plus juste, socialiste. Cela paraît aujourd'hui presque oublié, mais François Mitterrand a gagné les élections en 1981 grâce à la promesse de reáliser cette France. 18 mois plus tard, il ne prononçait plus de telles paroles. Dorénavans, son vocabulaire préféré c'etait ordinateur avec la haute technologie, centrales nucléaires, TGV et le "minitel". La terminologie d'un changement radical de sa pensée. Il y a longtemps que le Président avait pris congé de "l'union de la Gauche". - Désormais, il recherchait le caractère symbolique d'un Charles De Gaulle (*1980+1970), était en particulier amateur de constructions monumentales qui prouveraient l'intemporalité de son mandat.
JE SUIS UNE SOCIALISTE
Dans le proche entourage de celui-ci, Danielle faisait partie des quelques personnes qui se dressaient contre ce changement bizarre de ce "monarque issu des urnes". - "Mais il est Mitterrand, je suis une socialiste ", disait-elle souvent, un peu gênée et sans qu'on le lui demande. Il y avait longtemps que le couple était séparé. François avait sa vie parallèle de couple avec l'histo- rienne d'art Anne Pingeot, quai de Branly à Paris. Ils sont en commun leur fille Mazarine, âgée de 20 ans. Tels des accessoires, les plantons de la "Garde Répu- blicaine" assuraient, immobiles et avec une conscience aigue de leur devoir, la garde de son véritable apparte- ment rue de Bièvre. - Secret d'Etat.
AIMER LES FEMMES COMME DES FLEURS
A l'inverse de l'Allemagne et avant tout des pays anglo-saxons, dans la France romane, les secret d'alcôve, les flirts prolongés, les liaisons durables avec ainsi des enfants adultérins, sont des tabous. Surtout lorsqu'il s'agit d'inscrire dans l'acte de naissance comme père biologique un homme haut-placé du monde de la poli- tique, de l'économie, de l'administration. Le rôle de l'homme comme soutien de famille est devenu un dogme en apparence inébranlable. En outre, la République compte dans ses rangs en tout environs 1,2 millions d'enfants naturels. Cependant, le chemin de la carrière est pavé de cachotteries dans la nébuleuse de la bien- séance sociale. De plus, parmi les hommes des cerles parisiens huppés, seuls les "meilleurs chasseurs passent pour être dignes d'accès à la promotion convoitée qui réside dans le titre de "PDG" ("Président Directeur Géné- ral"). Et François Mitterrand s'est toujours complu dans le rôle d' "homme à femmes" - un discret séducteur de la République. A un journal féminin, il confia: "Aimer les femmes, c'est comme aimer les fleurs".
L'ÈRE MITTERRAND
Maintenant, c'est en fait un homme marqué par le cancer qui prend congé de son pouvoir, de la politique, de sa vie. Et pendant le choeur marquant la fin de "l'ère Mitterrand", "il ose délibérément se montrer au restau- rant parisien "Le Divellec", rue de l'université, en com- pagnie de sa fille illégitime Mazarine dont la ressem- blance avec lui est flagrante. En définitive, il s'agissait de fêter avec des amis l'admission de celle-ci à l'Ecole Normale Supérieure. Des photos et des reportages faits en cachette, par le trou de la serrure. - Un coup de tonnerre dans la France des hommes, "Toute la société machiste trembla, "écrivit sur un ton sarcastique le journal satirique "Charlie Hebdo".
COALITION D'HOMMES - MORALE D'HOMMES
On peut comprendre que Valéry Giscard d'Estaing, le prédécesseur conservateur libéral de Mitterrand trouvât "regrettables" de telles indscrétions de toute évidence programmées. On peut aussi comprendre que le ministre gaulliste de l'intérieur Charles Pasqua se soit montré "profondément choqué" et que le chef des socia- listes Henri Emmanuelli ait pesté contre un "coup bas absolu". La phalange des hommes unie en France dans une grande coalition ou bien un combat des sexes à la française. Seule Danielle Mitterrand , en réalité l'épouse concernée, resta tout à fait sereine. "Si nous étions tous plus francs dans nos relations, nous nous épargnerions ces effets lubriques du voyeurisme dûs á une double morale sociale. François et moi, nous avons encore beaucoup à nous dire."
LONGTEMPS LA PREMIÈRE DAME
Que Danielle Mitterrand se soit éloignée de son mari, personne n'en a vraiment eu connaissance en France. Il a lieu concrètement à huis-clos. Par contre l'ancienne relieuse de livres est depuis longtemps "la première Dame de France", bien plus que toutes celles qui l'ont précédée. De l'ère de Napoléon III jusqu'à celle Charles de Gaulle comprise.
TIERS-MONDE
Elle aura fait politiquement bien plus bouger de choses dans le Tiers-Monde, sera intervenue d'une façon bien plus ciblée dans la politique que beaucoup d'hommes accrédités du "corps diplomatique "ou que générale- ment les politiques de France.
ADIEU DANIELLE
"Adieu, Danielle, on ne t'aimait pas particulièrement, mais on avait déjà du respect pour toi" écrivait le maga- zine "L'Evénement du jeudi". Particulièrement frais était cet adieu - précisément emphatiques apparurent par contre les lignes écrites sur le renouveau supposé au travers de Marie-Josèphe Balladur comme pro- chaine "Première Dame" à la cour de la République. Il n'y a aucun doute que Madame Balladur figure dans la droite ligne des Premières Dames de l'Etat français. L'ordre des classes sociales du passé et que l'on croyait disparu vit une renaissance inattendue. "Quand je serai à l'Elysée, "avoue-t-elle franchement, "plus d'une chose va changer profondément. Bienséance, morale et valeurs sont plus que jamais à l'ordre du jour". En délimitant ansi le terrain, elle sait que, à Chamonix dans les Alpes elle n'aura pas, en tant qu'héritière d'entreprise, que la grande bourgeoisie à ses côtés. Dans la vie quotidienne, madame accorde beaucoup d'attention à deux prin- cipes. Les enfants Balladur doivent dire "vous" à leur père, et elle veille avec une précision rigoureuse à ce que son époux, "Doudou", ne prenne pas trop de poids lorsqu'il passe un peu de le temps devant la cheminée familiale. La France à l'heure des changements!
DES DAMES DES LA HAUTE SOCIETE
Cela inclut la philosophie des castes: C'est une tradition bien ancrée dans la classe supérieure française - Les femmes doivent tout d'abord se présenter comme accessoires décoratifs de leur maris. Des habits 'soit-disant de rêve, donnent la ligne sociale, le château de Versailles constitue l'arrière-plan chargé d'emotions, quand il s'agit de représenter avec précision des moments de l'existence républicaine. Que se soit Yvonne de Gaulle , qui se laissait appeler familièrement "Tante Yvonne" ou bien la distante Aymone Giscard d'Estaing, avec leur féminité tournée vers l'harmonie et la famille, les grand hommes de la France ont su soigner leurs apparences. Que ce soit lors du thé ou dans des expo- sitions d'art - il y avait toutes les fois des nouvelles à se chuchoter.
CHANEL, DIOR, CARDIN
Les maisons de couture Chanel, Dior, Cardin ont axé leurs créations sur les décolletés des dernières décennies, à chaque fois on accordait une place de prestige aux dames de la Heute - plus précisément à leurs vêtements prestigieux issus de la "Haute Couture " dans le musée parisien de la mode. En outre, la nation française est fière d'avoir réalisé une révolution pour l'égalité de tous les citoyens -mais surtout pas pour les femmes en poli- tique. Cela reste une affaire d'hommes. Cette "mentalité de chefs" accorde aux femmes tous les privilèges imagi- nables ; mais celui d'avoir des Droits reconnus sur le plan légal ? Il n'y en avait pas avant et il n'y en aura pas au cours de ces années de renouveau.
L'INSOUMISE
Il va de soi qu'avec de tels clichés sur la femme, Danielle Mitterrand entrera dans les annales de la classe domi- nante française comme l'épouse déconcertante, querel- leuse d'un homme politique, celle qui ne voulait pas se soumettre à la cour cérémonieuse des hommes. Dans son bureau à "France Libertés ",il y a des photos, des masques ou des tableaux d'artistes naifs, ce que Danielle Mitterrand a rapporté de ses voyages dans le Tiers-Monde quand elle se rendait dans des centres de soins pour malades du SIDA en Afrique, auprès de sans-abris à Dacca ou des enfants des rues de Manille. Elle s'est particulièrement d´´evouée au peuple kurde. Elle a échappé en 1992 dans le territoire kurde en Irak de justesse à un attentat lorsqu'une bombe a explosé. Sept personnes ont trouvé la mort.
UNE DIPLOMATIE PARALLELE
"Est-ce que je suis française ou kurde ? je ne le sais plus", disait-elle à son retour à Paris. L'ont accompagnée dans son voyage des tonnes et des tonnes de nourriture et de médicaments : La femme du Président accom- pagnant des caisses de ravitaillement.Ce sont des scènes qui traduisaient la rude affirmation de soi dans ces années où il fallait consciemment transgresser les règles, affronter l'élite établie du pouvoir français qui avait l'habitude de s'en tenir à des ambitions de commerce extérieur et à une diplomatie policée en qui concerne la politique étrangère.Il y eut de heurts entre le quai d'OIrsay et Madame.Il s'agissait toujours des mêmes divergences. La France vendait des armes ou des cen- trales nucléaires -bien sûr déclarées comme aide au développement.
HILLARY CLINTON ./. OLGA HAVEL
Que ce soit en Chine, en Amérique Latine ou aussi au Maroc - Depuis longtemps la dérangeante Danielle Mitterrand y avait développé sa diplomatie parallèle en ce qui concerne les Droits de l'Homme. Le domaine qui lui était imparti : dans la fraîche ambiance des récep- tions officielles, il fallait motiver des épouses d'hommes politiques comme Hillary Clinton ou aussi Olga Havel pour créer un réseau en ce qui concerne la société civile ou des droits de l'Homme. Elle n'a cessé d'agacer, ce qui amena le député agullisate Eric Raoult à exiger de "mettre fin aux agissements de cette socialiste violente."
LA MARSEILLAISE
Mais elle n'a pas seulement passé les frontières sur le plan géographique. Danielle Mitterrand voulait aussi changer le texte de l'hymne national français. Le ton comme le contenu de "La Marseillaise " étaient pour elle trop "guerriers" , en particulier des paroles comme "ces soldats qui viennet égorger nos fils et nos compagnes " et "que leur sang impur abreuve on sillons". Tout ceci la dérangeait. Bien sûr,une tentative sans issue, mais cela corresppondait à son identité. " J'en ai assz d'être promenée comme bagage du Président, d'inaugurer gentiment les chrysanthèmes et d'être la représentante de la mode parisienne. Pendant toute ma vie j'ai eu une jupe plissée et un pullover pour l'hibvrer et une autre jupe plissée et un autre pullover pour l'été", c'est ce qu'elle assénait en public.
IMAGE PLEINE DE TRENDRESSE DE LA METROPOLE
C'est précisément au cours de cette anée du départ que Danielle Mitterrand s'est encore retrouvée dans une situation d'exception. Une opération du coeur l'a contrainte à prendre plus de repos ,de calme - à s'accorder des instants de retour sur soi ,d'évoquer des questions d'une ère qui se termine. Depuis son bureau, elle jette un regard tendre sur la métropole dans ce mois qui précède l'élection présidentielle de nombreuses affiches immenses représentant des hommes ; plus de quatre millions de mètres carrés de bureaux vides, mais qui ne tolère aucun gamin traînant dans les rues. Celui qui n'a pas d'argent, est chassé de ce Paris toiletté, hypermoderne des vieux et nouveaux riches, est chassé dans la banlieue que l'on ne montre pas, chassé vers la périphérie sociale, ce qui existe peu dans d'autres capitales occidenbtales. Là ,où selon le candidat à la Présidence-Jacques Chirac " les odeurs et le bruit font penser à des familles d'immigrés ".
PASSEPORT EUROPÉEN
Sur la table de Danielle Mitterrand, il y le document de base pour la diskussion lors de sa dernière réunion de la journée, il va être question dzu passeport européen contra le rasisme. Il y a seulement quelques semaines à Marseille, le Comorien Ibrahim Ali, 17 ans, a été victime d'un coup de feu tiré dans le dos par des militants du "Front National" de Jean-Marie Le Pen au cours de la campagne des présidentielles. Alors que j'avais déjà pris congé d'elle, elle me lance: " Qui n'agit pas, com- ment un crime. Avec France-Libertés je vais lutter jusqu'à en tomber".