Freitag, 3. Dezember 2021

Reimar Oltmanns: Dreißig Minuten Ewigkeit - Lebensbrüche am Nord- Ostsee-Kanal

                                                                                                                                                              
                        ----------------------------------
                         epubli Verlag Berlin, 2021,  75 Seiten, 21 Farbbilder, 
                         ISBN 978-3-754928-41-7
                        ----------------------------------














<

Freitag, 13. August 2021

Reimar Oltmanns "Melancholie am Nord-Ostsee-Kanal" - Essay

                                                                                                                                             Ich liebe stille, lange Sommerabende auf den Kilometer weiten Fahrradwegen am Kanal, der zwei Weltmeere verbindet. Stille ist mehr als Abwesenheit von Geräuschen. Stille ist eine heimliche Sehnsucht. Stille ist auch ein Moment der Selbstvergessenheit. Wie hört sich Stille dieser Wasserstraße an? Wie gehen wir mit der uns verbliebenen  Zeit um? Wo wir doch zu wissen glauben, wer die Zeit verliert - verliert das Leben. In der Dunkelheit werde ich das sanfte Brummen vorbeiziehender Schiffe hören. Der Nord-Ostsee-Kanal schläft nie.

Buchtitel: Reimar Oltmanns "Melancholie am Nord-Ostsee-Kanal" epubli Verlag, Berlin 2021 ISBN: 938-3-754155-01-1



                                                                                                

Freitag, 9. Juli 2021

Reimar Oltmanns: Keine Zeit für Wut und Tränen. Das Fremde wird nah. Die Nähe fremd. - Autobiografie

Acht Stunden sind kein Tag und achtundsechzig Jahre nicht das ganze Leben. Der Reporter Reimar Oltmanns schrieb seine Autobiografie, die sich wie ein Roman liest.  Nur mit dem Unterschied, dass es sich um die Wirklichkeit handelt. Reimar Oltmanns zeichnet sein Dasein auf, um Vergangenes, Verdrängtes, Vergessenes ins Blickfeld zu rücken. Dabei hatte der Reporter Sehnsucht nach Weltweit-Grenzen. Er fühlte Fernweh und meinte in Wirklichkeit Heimweh. Er war ein Reporter aus Leidenschaft, unbestechlich und rastlos. Er gab Entrechteten und Ausgestoßenen seine Stimme. Der Autor begriff im rasenden Zeitalter der Jahrzehnte ganz allmählich, dass er nur eine Heimat hat, die der deutschen Sprache.

------------------------------------------------------
Reimar Oltmanns: Keine Zeit für Zeit für Angst und Tränen.
Das Fremde wird nah. Die Nähe fremd. Romanhafte Autobiografie
epubli-Verlag Berlin 2017, 602 Seiten
ISBN: 978-3-7450-0420-5
ISBN e-book: 978-3-7450-0836-4

Donnerstag, 8. Juli 2021

Kein Land nirgendwo - verblichen vergessen verschollen

Dieses Buch ist  so verstanden ein Anti-Buch hastiger Zeitläufe mit  scheinbar vergilbten Berichten, Geschehnissen aus vielen Ländern. Für mich sind sie schmerzlich, unvergessen. Ich gebe mir in meiner Anthologie den Atem meine Beschreibungen, Beobachtungen, Reportagen und Porträts aus früheren Jahren in allen fünf Kontinenten neu zu begegnen. Sie verdeutlichen, dass unser Engagement auf dem Weg zu einem pazifistischen, demokratischen Erdball keine wesentlichen Fortschritte erzielt hat  - und das nach vier Jahrzehnten. Die Minuten rasen atemlos im digitalen Zeitalter in Windeseile. Verschlungene Jahre drücken aufs Tempo, pressen Vergangenheiten mit ihren Gemütern bis zur Unkenntlichkeit. Über Raum und Zeit rasen meine Erinnerungen, die in der Gegenwart vergeblich eine Antwort suchen und nicht finden, denke ich, schrieb ich "Kein Ort - nirgendwo".   ISBN 978-3-752978-28-5

Mittwoch, 7. Juli 2021

Buch-Veröffentlichung: epubli-Verlag, Berlin, 2019, ISBN: 978-3-750259-21-8, 314 Seiten

Sonntag, 31. Januar 2021

"RAUS MIT DEN DEUTSCHEN AUS UNSEREM LAND"

Die Benes-Dekrete von 1946 in der Tschecheslowakei , Enteignung und Entrechtung gelten für alle Zeiten / Opfer der Gewalt und Flucht /  Mördern machtlos ausgeliefert /   Hirngespinste ewiger Revanchisten / Nur ein präzises Erinnern  lässt die Absurdität, den Wahn, den blinden Hass erkennen

Gewidmet meiner Mutter Anna Marie Tallay geb. Pfeifervon Helga Möller-Tallay und Reimar OltmannsUrlaubszeit - Sommerzeit im Jahr 2020.Versonnen schauen wir aufs weitläufig    schlummernde Elb-Ufer der gegenüberliegenden Flussseite. Eingebettet zwischen     Marienberg und Ferdinands Höhe liegt "unser" Städtchen Aussig im ehemaligen            Sudetenland. Über das Gewässer hinweg blicken wir ans andere Elb-Ufer auf den Ort Schreckenstein mit seinem auf hohen Felsen thronenden Wahrzeichen - auf die einstige  Burg Schreckenstein, heute Burg  Strekov. Bizarr wirkt die Beschaffenheit des Chateaus  auf      einem steilen, monolithischen Klingsteinfelsen, der direkt über der Elbe hundert Meter hoch aufragt.Wir sind in Aussig, in Ústí nad Labem auf der Durchreise. Für wenige Tage beabsichtigen wir still und leise eine Gegend zu durchfahren, die sich ehedem "zu Hause" nannte. Die eine Seite beheimatet noch immerhin waldreiche Hügel und Berge. Auf der anderen erstreckten sich riesige Fabrik-Anlagen; frühere Produktionsstätten für Lederwaren, Webstoffe, Siderotlith für die Herstellung von Keramiken, Färbereien, Maschinenbau und Glashütten.   Die Charakteristika: Aussig umgab nicht das graue Antlitz einer Industriestadt. Sauber und hell blinkerten Häuserfassaden.    Ich erinnere mich an meine Mutter Anna Marie Tallay (*1919+1994).  Sie schrieb mir im Jahre 1975 in mein Tagebuch: "Dreißig Jahre sind vergangen seit dem 12. Mai 1945, an dem ich meine Heimat verlassen musste. Doch vergessen werde ich diesen geliebten Ort niemals. Auch hoffe ich von ganzem Herzen, dass es nie wieder solch Hass und Feindschaft zwischen den Völkern Tschechiens und Deutschlands geben wird." Anna Marie war mit ihrem Ehemann Hans Wochen um Wochen auf der Flucht. Von Aussig liefen sie durchs Egerland, übers Erzgebirge nach Chemnitz. Über Röhrsdorf in Sachsen ging es quer durch das zerstörte Land nach Hamburg. - Atemlos.Der tschechische Ort Ústí nad Labem mit seinen über 90.000 Einwohnern misst zirka 48 Kilometer bis Dresden. Die Altstadt von Aussig schlummert  pittoresk am linken Elbufer. Im Norden befindet sich das Vorland des Erzgebirges und nach Süden erstreckt sich das Böhmische Mittelgebirge. Jenes seltene Fleckchen Erde, die böhmische Landschaft, Riesengebirge und das Elbtal dienten schon den Malern Kaspar David Friedrich (*1774+1840) und Ludwig Richter (*1803+1884) in all seinen Fassetten als Vorlage für viele ihrer Gemälde. - Romantisch verklärt. Lang, sehr lang ist es her.Rück-Besinnung. Damals konnte wohl  niemand ahnen, dass nach dem Kriegsende plötzlich unvorhersehbar, wie aus dem heiteren Himmel kommend, hunderte Sudetendeutsche von Tschechen ermordet und von einer Brücke in die Elbe gestürzt werden würden. In besagter Zeit bis Ende Juli nahmen sich 60 deutsche Aussiger das Leben.Am  Tag des Kriegsendes war es noch sehr ruhig in Aussig. Der blinde Hass fegte erst ganz unverhofft durch die engen Gassen und traf die meisten Bewohner überraschend. Sie kamen von der Arbeit oder vom Einkaufen. Egal ob jung oder alt oder Mütter mit ihren Kinderwagen - sie konnten dem Pogrom nicht entkommen. Am 7. Mai 1945 um 14 Uhr wurden die Deutschen durch den Rundfunk  aufgefordert, weiße Bettlaken aus ihren Fenstern zu hängen - als Zeichen ihrer Kapitulation.  Eine beiläufig kleine Gedenk-Tafel am Flussrand der Elbe liefert an der 1934 erbauten Benes-Brücke den nahezu verschämten Hinweis auf die "Opfer der Gewalt vom 31. Juli 1945". Dass die Ermordeten hauptsächlich aus friedfertigen deutschen Familien kamen, blieb den verantwortlichen Stadtverordnete 75 Jahre nach Kriegsende keine Silbe wert. Totgeschwiegen bis zum heutigen Tag. Dabei sollte doch eigentlich jedes verschollene Menschenleben einer Erinnerung wert sein. Eigentlich. Sie wurden wahllos im Zorn ermordet, verscharrt.Nahezu Wort für Wort widersprachen  jene Pogrome dem europäischen Aufklärungsdenken und insbesondere dem Geist der Europäischen Union, der ja bekanntlich auch die Tschechische Republik angehört. Um uns nicht misszuverstehen: Hier gilt es nicht, mit dem Augenmerk auf deutsche Opfer Nazi-Gräuel zu beschönigen, dass Hitler-Deutschland der  Urheber der Kriegs- und KZ-Katastrophen war, die Europa seit den 1930er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erleiden und ertragen mussten. Hier geht es nicht um Ideologie, Staatsräson, Rechtfertigung, hier geht es letzten Ende um nicht anderes als die durch historische Ereignisse belegte Wahrheit - nichts anderes als die Wahrheit - Fakten und nochmals verifizieren Fakten.In Zahlen: An die 60.000 Deutschen und etwa 3.000 Tschechen lebten in Aussig bei Kriegsende. In der Stadt vegetierten zahlreiche Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter aus Polen, der Sowjetunion, gleichsam aus dem Protektorat Böhmen und Mähren; ausgebombte Flüchtlinge aus Westdeutschland, Tausende aus den Kriegsgebieten in Schlesien. Habenichtse.Letztendlich dreht es sich hier um unliebsame Reminiszenzen, über die in der Öffentlichkeit kaum vorurteilsfrei gesprochen werden mag. Aber nur ein präzises Erinnern lässt die Absurdität, den Wahn, den blinden Hass, die Brutalität in  seiner Kontinuität erkennen. Der Rückblick auf den Sommer 1945 gestattet uns im tschechischen Aussig einen Rückblick auf ein Massaker, dem Hunderte Deutsche mir nichts, dir nichts zum Opfer fielen. Tschechische Para-Militärs trieben Menschen aus ihren Häusern ohne Hab und Gut vor sich her. Flüchtlinge wurden Hunderte von Kilometern zu Fuß, auch barfuß über die Grenzen gescheucht. Wer nicht mehr konnte, blieb im Straßengraben liegen. Leichen über Leichen säumten Fluchtwege. Kaum eine Habseligkeit vermochten sie mitzunehmen. Das Wenige, das sie noch hatten, wurde ihnen von der "Revolna Garda" abgenommen.Ob junge Mädchen oder Mütter - sie wurden "dienstverpflichtet". Sie mussten Wohnungen derer ausräumen, die aus  dem Land gejagt wurden. Plünderungen und Todesmärsche. Die tschechische Miliz hatte von der Waffen-SS gelernt. Genickschuss, Erhängen, Exekutionen. Vielerorts hängen Plakate im Großformat. "Jagd sie nackt über die Grenze, die deutschen Hunde. Lasst ihnen nur ein Taschentuch, damit sie ihre Tränen trocknen können", befahl Staatspräsident Edvard Benes (*1884+1948 ) seinen Landsleuten.Im Stadtteil Schönpreisen flog ein Munitionsdepot in die Luft, welches die deutsche Wehrmacht Hals über Kopf verlassen hatte. Flugs näherten Gerüchte den Volkszorn, es handele sich um blutrünstige deutsche "Werwölfe; der nationalsozialistischen Mythologie nach um Männer, die sich in einer Untergrundbewegung als Wölfe gebärden, wildern, morden können. "Werwolf"-Gruppen sollten in besetzten Gebieten des Deutschen Reiches hinter den feindlichen Linien Sabotage ausüben und die Bevölkerung an einer Kooperation mit Besatzungstruppen verhindern.Es bedurfte nur weniger  Stunden,  bis eine Hatz gegen alle noch verbleibenden Deutschen begann. Die Menschen kamen friedlich von ihrer Arbeit oder Einkaufen. Plötzlich, unvorhersehbar schlug eine Meute mit Knüppel und Eisenstangen auf hilflose Passanten ein - bis sie starben.Die Deutschen waren an ihren weißen Armbinden, die sie tragen mussten, unschwer zu erkennen. Der Journalist Thomas Schmid veröffentlichte in der Tageszeitung "Die Welt": "Eine junge Frau warf der Mob mit ihrem Baby, das im Kinderwagen lag, über das Brückengeländer in die Flussströmung. Etliche Leichen wurden später in Meißen, Pirna und Bad Schandau aus der Elbe geborgen."Hirngespinste ewiger Revanchisten? Oder wie die Prager Tageszeitung "Rudé Právo" 1945 selbstgefällig frohlockte: "Der hinterhältige Angriff nazistischer Brandstifter in Aussig und die Berichte über das Wüten gemeiner deutscher Werwölfe erhalten ihre Antwort mit dem einmütigen zornigen Aufschrei unseres ganzen Volkes: "Raus mit den Deutschen aus unserem Land. Mit eiserner Hand werden wir die Grenzgebiete säubern."Mittlerweile ist es zweifelsfrei verbrieft, dass Explosion wie Massaker von der Abteilung Z des tschechoslowakischen Innenministerium geplant und Stabskapitän Bedrich Pokorný (*1904+1968) einer der Hauptorganisatoren des Verbrechens war. Thomas Schmid schilderte: "Alle Deutschen, deren die Verfolger habhaft wurden konnten, wurden von den ansässigen wie eigens angereisten Tschechen mit Fausthieben und Latten durch die Straßen getrieben. Die Täter schlugen etliche Deutsche besinnungslos, ertränkten andere im Löschwasserteich; viele werden auch von der Brücke über die Elbe gestoßen, im Wasser gezielt erschossen. "Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verkündete Staatspräsident Edvard Benes einer begeisterten Menschen-Menge auf dem Altstädter Ring zu Prag: "Es wird notwendig sein ..., insbesondere kompromisslos die Deutschen in den tschechischen Ländern und die Ungarn in der Slowakei völlig zu liquidieren, soweit diese Liquidierung im Interesse des einheitlichen Nationalstaates der Tschechen und Slowaken überhaupt nur möglich ist. Unsere Losung muss es sein, unser Land kulturell, wirtschaftlich und politisch zu entgermanisieren."                                                          Benes erließ insgesamt 143 Dekrete, die unter anderem die Enteignung und Entrechtung der Sudetendeutschen und Ungarn anordneten. Deutsche, die ihre "antifaschistische Gesinnung" nicht eindeutig nachweisen konnten, wurden mit einem "N" (für Nemec) gebrandmarkt und zwangsumgesiedelt. Andere verdingten sich in Arbeitslagern, Kohlegruben, Gradierwerken und Bauernhöfen - unentgeltlich.Summa summarum flohen drei Millionen der knapp über 3,2 Millionen Sudetendeutschen. Emigration, Vertreibung, Völkerwanderung. Die Zahl ihrer Todesopfer bewegte sich zwischen 30.000 und 240.000. Der frühere sudetendeutsche, spätere Wiener Kommunist Leopold Grünwald (*1901+1992) konstatierte: "Die Vertreibung der Sudetendeutschen wurde mit einer angeblichen Kollektivschuld begründet.  Über die Fakten, die diese Legende widerlegten, wurde in der Weltöffentlichkeit nichts bekannt. ... Das Unrecht der Vertreibung der Sudetendeutschen aus ihrer Heimat erscheint im Lichte der Bilanz des antifaschistischen Kampfes im Sudetengebiet besonders krass ... Die Zahl der Opfer des Widerstands gegen das NS-Regime im Verhältnis zur Einwohnerzahl des Sudetengebiets überstieg bei weitem die Größenordnung etwa in Deutschland oder Österreich. Nach dieser Relation war der Umfang der Widerstandsbewegung im Sudetengebiet höher als in anderen deutschsprachigen Ländern." Punktum.Vornehmlich tapfere Weggefährten trotzten dem Pogrom jener düsteren Zeitläufe. - Aussigs Bürgermeister Leopold Pölzl (*1879+1944 ). Er entsprach nicht dem von Nazis abverlangten devoten Verhalten mit Gehorsams-Attitüden. Er tat stattdessen viel für den Wohnungsbau, er tat viel gegen die Arbeitslosigkeit. Sie sank mitten in der Wirtschaftskrise in Aussig gar um drei Prozent.Der sozialdemokratischer Bürgermeister von Aussig lehnte sich gegen die Braunhemden auf. Er bezichtigte das Hitler-Regime öffentlich des Terrors und der Unmenschlichkeit. Nach  dem Einmarsch der Wehrmacht 1938 im Sudetenland verlor Plözl sein Amt. Er weigerte sich, nach Prag auszuweichen. Stattdessen wurde er im Widerstand gegen die NS-Okkupanten aktiv. Er gründete die Gruppe Leopold  Pölzl. Seither musste der Bürgermeister zur Belustigung der Waffen-SS jeden Tag die Straße ums Rathaus fegen - Kopfstein um Kopfstein. Die Gestapo verhaftete ihn. Im Gefängnis schnitt Leopold Pölzl nach Folter  seine Pulsadern auf. Er überlebte. Offenbar gänzlich unbeeindruckt vor weiterer Drangsal unterstützte Pölzls Widerstandsgruppe Familien von Verhafteten, gab Flugblätter heraus und half zu späterer Zeit Kriegsgefangenen in ihrer existenziellen Not. Tochter Elfriede, eine Opernsängerin, wurde gleichfalls festgenommen und ins KZ Sachsenhausen interniert, aus dem sie erst 1945 befreit wurde. Sie blieb psychisch gebrochen und fristete ihr Dasein in psychiatrischen Anstalten.Am 1. September 1944 starb Leopold Pölzl unter nie geklärten Begleitumständen im Krankenhaus zu Aussig. Reden, Beileids-Bekundungen an seinem Grab wurden verboten. Gleichwohl defilierten Tausende von Frauen und Männern schweigend an seinem Sarg entlang - Zeremonie des Abschieds. Aber gleichsam war sein Tod das jähe Ende einer halbwegs tragfähigen Koexistenz zwischen Deutschen und Tschechen im Sudetenland. Noch Jahrzehnte danach ließ sich Premierminister Milos Zeman zu der Bemerkung hinreißen, die Sudetendeutschen im Jahr 2002 als "fünfte Kolonne Hitlers" und als "Zerstörer der tschechoslawakische Demokratie"   zu diffamieren.Zeiten-Wende - ein Land, zwei Zugänge. Nach dem Abschluss der sogenannten Migrationsprozesse waren die Sudetendeutschen nicht nur umgesiedelt worden. Die Neuankömmlinge  im tschechischen Grenzland konnten mit  brachliegenden Feldern Häusern und Kirche, die sie vorfanden, wenig anfangen. In den anfänglichen Jahre herrschte noch die weitverbreitete Ansicht, dass das Alltagsleben ein Provisorium sei; die Deutschen werden wohl wiederkommen. Erst einmal kochten die neuen Tschechen  in den Töpfen der Vertriebenen, sie schliefen in ihren Betten; verlassene Bauernhöfe wurden zuvörderst  wieder bewohnt. Im Laufe der Jahre verfielen sie dem Abbruch anheim; insbesondere jenes  penibel gepflegte Gemäuer, das einst  die Staatsgrenze schmückte.Es war jedenfalls  ein hastiger Umbruch in wirrer Zeit mit verwirrten Köpfe, der eine radikale Veränderung des ethnischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens nach sich zog.  An  Stelle der Deutschen bevölkerten weitgereiste Familien in Wochenendhaus-Siedlungen  sogenannte Sperrgebiete. Tschechen, Slowaken und Roma aus Rumänien und  Russland . In den 19achtziger und 19neunziger Jahren bestimmte die stereotype Plattenbau-Architektur die städtebauliche Dominanz. Anspruchslos brummt der Einkaufs- und Tanktourismus, Puff und Pornos. Historische Stadtbilder gibt's zu kaufen im Kiosk gleich um Ecke - als Ansichtskarte.Mit Ende der kommunistische Herrschaft Ende 1989 äußerte sich der Literat, Dissident und spätere Staatspräsident Václac Havel (*1936+2011) sein "Bedauern über das Leid, das den Sudetendeutschen bei der Vertreibung 1945 angetan" worden war. Immerhin.Die Moral der Geschicht': Nach dem tschechischen Rechtsverständnis gelten die Benes-Verordnung zu den Ausbürgerungs- und den beiden Enteignungs-Dekreten trotz aller Bekundungen - unbefristet