Mittwoch, 1. Dezember 2010

Im Antiquariat entdeckt: Du hast keine Chance, aber nutze sie. Eine Jugend steigt aus.




























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Pressenet
01. Februar 2011
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Seit Jahrzehnten wird in der deutschen Öffentlichkeit ein und dieselbe Frage gestellt: "Was wird aus dieser Jugend? Meist erschöpft sich diese routinegeübte Aufmerksamkeit darin, sich Gedanken zu machen, wie sich "die Jugend" am besten den jeweiligen Wertvorstellungen und -maßstäben älterer Generationen anzupassen hat.

Als der Autor Reimar Oltmanns im Jahre 1980 seinen Bestseller "Du hast keine Chance, aber nutze sie. Eine Jugend steigt aus" schrieb, konnte der Journalist nicht ahnen, dass sein vom Filmregisseur Herbert Achternbusch entlehnter Buchtitel mehr als 30 Jahre nach seiner Veröffentlichung zum festen deutschen Sprachgebrauch mutierte - sein Buch in Schilderungen wie Aussagekraft also nichts eingebüßt hat.

Im Gegenteil: Auch Politiker, wie Ex-Bundespräsident Horst Köhler (2004-2010) oder die einstigen Ministerpräsidenten Ole von Beust (2001-2010) oder Roland Koch (1999-2010), sind mittlerweile zu "Aussteigern" aus der Politik geworden, Und wo Aussteiger weilen sind Auswanderer nicht fern. Allein im Jahre 2009 sagten 145.000 Bundesbürger ihrem Heimatland adieu. Adieu Leistungsdruck. Adieu Jobsuche. Adieu Profitstreben als oberste Lebensmaxine. Adieu Deutschland. Vielen ist es nach demoskopischen Umfragen egal wohin - sie wollen nur raus aus diesem Land. Auch sie sind Aussteiger, mitunter Verweigerer, auf ihre Art.

Vom Ansatz her erinnert Oltmanns Buch an Siegfried Kracauers (*1889+1966) vor fast 90 Jahren entstandene Studie über "Die Angestellten". Auch Kracauer ging es - wie Oltmanns - ums Alltagsleben, auch ihm genügt es nicht, nur Oberflächenerscheinungen des Daseins zu erfassen.

Oltmanns berichtet von Gruppen und Cliquen, die nicht repräsentativ sind, auch gar nicht progressiv, berichtet von einer "harten Szene", die stolz macht und abhärtet, von emotionalen Chaos und von Fehlen des verfluchten Geldes. Fünf Stationen hat er - durch die Republik ziehend - miterlebt. Dabei schaute er weniger danach, was aus der Utopie dieser Leute geworden war, sondern sucht die verstehen, warum sie einen anderen Weg gegangen sind, was sie dort hält und was ihnen den Weg zurück verstellt.

Die Mittel seiner Schilderung sind ebenso ungewöhnlich wie es selten ist, dass einer ein Jahr lang für fünf Storys recherchiert. Reimar Oltmanns fragt Motive nach, das heißt: Gefühle bei Entschlüssen, Konstellationen, Ausweglosigkeiten. "Komm mit, sprach der Esel, etwas Besseres als der Tod werden wir überall finden.", zitiert Oltmanns ein Flugblatt. Daran dürfte sich 30 Jahre später wenig geändert haben.

Junge Leute, die jungen Generationen in Europa schlechthin, sind auf dem EU-Arbeitsmarkt die Krisenverlierer. Viele finden keine Lehrstelle und müssen bezahlte Praktika oder Zeitverträge hinnehmen. "Dieses Buch ist so etwas", schrieb die 'Stuttgarter Zeitung', "wie eine atemberaubende, bestürzende, hoffnungmachende Reisebeschreibung einer Republik mitten in unserer Republik. Eine Republik der Jungen. Das bedeutsamste Buch der letzten Jahre zum Thema Jugend."

Fazit: Reimar Oltmanns Berichte aus dem Jahre 1980 sind aktueller denn je.



Sonntag, 10. Oktober 2010

Reimar Oltmanns: Schöningen - meinestadt.de - Spurensuche















































 

Reimar Oltmanns besuchte das Schöninger Rathaus, um ein Exemplar der jüngsten Publikation zu überreichen. Empfangen wurde der Autor vom Ersten Stadtrat Peter Voß  und der Fachbereichsleiterin Claudia Gehlhar. Bild unten: Reimar Oltmanns trägt sich ins Goldene Buch ein; der Journalist auf dem Marktplatz seiner Heimatstadt.


Braunschweiger Zeitung
Helmstedt 25. Juli 2009
RegJo-Magazin, Südniedersachsen
11/2009

Schöningen. - Vor kurzem ist das 680 Seiten starke Buch "Spurensuche auf verbrannter Erde -Reportagen, Berichte, Erzählungen zur Zeitgeschichte - Deutschland, Europa, Südamerika, Asien, Afrika (1969-2009) erschienen. Sein Autor ist der renommierte Journalist Reimar Oltmanns, der 1949 in Schöningen geboren wurde und hier den größten Teil seiner Kindheit verlebt hat; in Jahrzehnten des "Kalten Krieges" zwischen Ost und West unmittelbar am Zonenrand.


Regelmäßig besucht Reimar Oltmanns seine Heimatstadt. Er sagt: "Es ist mir immer wieder ein Bedürfnis , nach Schöningen zu kommen. Ich fühle mich hier emotional verwurzelt, hier wurde ich durch den damals unversöhnlichen Ost-West-Konfrontationen sehr früh politisiert, geprägt und sozialisiert. Jene Schöninger Ur-Erlebnisse trieben mich später immer wieder an viele durch Kriege und Krisen geschüttelte Knackpunkte unseres Daseins."

Denn Schöningen war für Oltmanns schon immer ein Seismograph deutscher Umbrüche, Abbrüche, Aufbrüche, Kriegsängste in vielen Jahrzehnten. Seinen letzten Aufenthalt nutzte der Autor für einen Besuch im Rathaus.Dort wurde er vom Ersten Stadtrat Peter Voß empfangen. In Anerkennung seines publizistischen Wirkens in großen Magazinen und gesellschaftskritischen Büchern trug sich Reimar Oltmanns, der seit zwei Jahrzehnten im Ausland lebt, ins Goldene Buch der Stadt Schöningen ein. Er wollte seine Unterschrift als Ausdruck seines unverbrüchlichen Zusammengehörigkeitsgefühls mit seiner Heimatstadt Schöningen verstanden wissen.

Oltmanns war es ein Anliegen, ein Exemplar seines neuen Buches für die Bücherei der Stadt zu übergeben. Er verarbeitet darin Reportagen, Berichte. Erzählungen zur Zeitgeschichte über Deutschland, Europa, Südamerika, Asien und Afrika über einen Zeitraum von 40 Jahren.

"Dieses Buch ist ein Rückblick, eine Rückbesinnung auf wichtige Epochen, die uns nachhaltig beeinflussten", erläuterte der Autor. In einigen Kapiteln spielt auch das Leben in Schöningen eine Rolle.

Viele Jahre lebt Reimar Oltmanns im Ausland. Er schrieb für den "Stern", "Die Zeit", den "Spiegel", "Frankfurter Rundschau", für französische und italienische Tageszeitungen.

In seinem jüngsten Werk finden sich Arbeiten aus 40 Jahren journalistischer Tätigkeit, die den heute in Graz lebenden Oltmanns rund um die Welt führten.

Begeistert von der Atmosphäre der Stadt. folgten der Autor und seine Ehefrau Irmgard interessiert den Ausführungen von Peter Voß. Der Erste Stadtrat berichtete unter anderem von den Problemen des Strukturwandels und der großen Chance, diesen zu gestalten. Wichtiger Baustein sei das in Schöningen entstehende Forschungs- und Erlebniszentrum zum Themenkomplex Schöninger Sperre, das für die kultur-touristische Erschließung der gesamten Region eine große Rolle spielt.

Ab sofort können Interessanten das Oltmanns-Buch in der Stadtbücherei am Brauhof 12 ausleihen (geöffnet Montag und Dienstag 10 bis 13 Uhr, am Dienstag auch 14 bis 17 Uhr, Donnerstag 10 bis 13, 14 bis 18 Uhr).
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Postskriptum - Heimat
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Ich habe erst im fünften Jahrzehnt meines Lebens im Ausland unverkennbar gespürt, dass meine tiefen Wurzeln, meine Lebenskraft in diesem Schöningen gedeihen konnten. Spätzündung. In meinen Zeitläufen zuvor - der APO-Jahre um 1968 - galten Begriffe wie "Heimat", "Südniedersachsen", "Deutschland", "Nation" als sehr suspekt, rückwärtsgewandt, eben als Gefühlsduselei. Allenfalls gestattete ich mir ein Zitat des ungarischen Schriftstellers György Konrad über das Verschwinden zu Lebzeiten: "In der Heimat vermisst dich niemand, in der Fremde erwartet dich niemand."
Reminiszenzen vergilbter Jahre
Als Reporter deutscher Magazine war ich viel in der Fremde auf allen fünf Kontinenten unterwegs, lebte schließlich in Italien, Frankreich und jetzt in Österreich. Aber Heimat ? Wohl keine. Es war Liedermacher Herbert Grönemeyer, der mich im Jahre 1999 meiner Heimat Schöningen näher brachte, indem er textete und sang: "Heimat ist ein Gefühl!" Indes: Meine Spurensuche nach der Heimat begann dort, wo gemeinhin das Leben aufhört - auf dem Todesacker dieses Ortes.
Schöninger Friedhof
Der Schöninger Friedhof ist die beschauliche anmutige Heimstatt verstorbener Frauen und Männer - sinnlos gefallener Soldaten vieler Länder. In den letzten Jahren wuchs in mir ein Bedürfnis, in den Sommermonaten immer wieder durch den Eingang jener scheinbar in sich ruhenden Friedhofskapelle Nähe wie Erinnerung zu längst vergessenen Menschen zu suchen. Meter um Meter näherte ich mich meiner Heimat, meiner Kindheit, meiner Jugend über die breite, altehrwürdige Friedhofs-Allee. Diese von hohen Bäumen dicht gesäumte Straße hatte sich in meinem Gedächtnis fest eingegraben. Schon als Kind in den fünfziger Jahren pflegte ich mit meiner Mutter dort das Grab meines Großvaters, dem Schöninger Färbermeister August Köhler; Jahrzehnte später seiner Ehefrau Gertrud Hoff . Der Schöninger Friedhof bedeutete für mich nicht nur Abschied oder Reminiszenzen an vergilbte, unwiederbringliche fast vergessene Jahre. Jene Grabstätten mit ihrer weichen, duldsamen Atmosphäre luden mich unverhofft ein zu einer unvermuteten Nähe längst verblichener Epochen. Heimat-Gefühl.
Toleranz und Solidarität
Ich erinnere mich an meinen ersten Klassenlehrer Grunwald in der Wallschule. Er war ein vom Krieg gezeichneter Pädagoge, der uns beibrachte, den anderen ausreden zu lassen. Toleranz war gefragt. Vor der großen Pause packte Grunwald das Frühstücksbrot aus. er verteilte tagein, tagaus Schnitten an seine hungernden Jungen wie Mädchen. Den Begriff 'Solidarität' kannten wir damals noch nicht. Ich lernte in Schöningen aber sehr schnell und nachhaltig für mein Leben: einer für alle, alle für einen. Heimat-Gefühl.
Kernstück - Bahnhof
Ich erinnere mich an den alten Schöninger Staatsbahnhof, ehedem ein Kernstück dieser Stadt. Seinerzeit knipste Bahner Hoffmeister (er spielte des Sonntags Fußball bei Schöningen 08, linker Außenverteidiger zu glanzvollen Zeiten) all die Fahrkarten in seinem Kontrollhäuschen. Als ich einmal von ihm als siebenjähriger Bub eine Fahrkarte nach Jerxheim entwerten ließ, war ich stolz wie Oskar. Das Erlebnis der Fahrt vom Bahnhof in Schöningen war für mich so feierlich wie Ostern und Weihnachten an einem Tag. Ich möchte Herbert Grönemeyer widersprechen. Heimat ist Schauplatz und Emotion in einem. Zuhause gibt es derlei viele, die Heimat nur eine: Schöningen.

Dienstag, 5. Oktober 2010

Friedhöfe - Endstationen - Innehalten ... ... "Der Mensch ist erst dann wirklich tot, wenn niemand an ihn denkt" - Bertolt Brecht








--------------------------------------------- André Gorz (*9. Februar 1923 in Wien als Gerhard Hirsch; + 22. September 2007 in Vosnon, Département Aube, Frankreich) war ein französischer Sozialphilosoph österreichischer Herkunft. Seit den fünfziger Jahren lebte er als Publizist in Frankreich. Über lange Jahre war er ein Anhänger Sartres existenzialistischer Variante des Marxismus, brach Gorz mit Sartre nach dem Pariser Mai 1968. Er wandte sich der politischen Ökologie zu und wurde deren führender Theoretiker. Zentrales Thema in den Überlegungen Gorz' ist die Frage der Arbeit: von der Befreiung der Arbeit, Entfremdung in der Arbeit, Recht und Pflicht zur Arbeit gehören für ihn zusammen.

Zu seinen letzten Veröffentlichungen zählte ein Brief an D. - Geschichte einer Liebe:

"Bald wirst Du jetzt zweiundachtzig sein,
Du bist um sechs Zentimeter kleiner geworden,
Du wiegst nur noch fünfundvierzig Kilo,
und immer noch bist Du schön, grazös und
begehrenswert.

Seit achtundfünfzig Jahren leben wir nun
zusammen, und ich liebe Dich mehr denn je.
Kürzlich habe ich mich von neuem in Dich verliebt,
und wieder trage ich in meiner Brust diese zehrende Leere,
die einzig die Wärme Deines Körpers an dem meinem auszufüllen."
André Gorz nahm sich am 22. September 2007 gemeinsam mit seiner schwer kranken, 83jährigen Frau Dorine in ihrem Haus in Vosnon (Aube) das Leben.

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MUTLANGEN in Baden-Württemberg; Stationierungsort der Pershing-II-Raketen 1982-1996. --- Helmut Gollwitzer zum 75. Geburtstag. Als Sitzblockierer gegen Aufrüstung und Atomtod wollte der evangelische Theologe Gollwitzer den Namenlosen einen Namen, ein Gesicht des Friedens nach innen und außen geben. "Sozialisten können Christen, Christen müssen Sozialisten sein", war sein Credo.
---------------------------------------------------------------- Helmut Gollwitzer * 29. Dezember 1908 in Pappenheim im Altmühltal/Bayern; + 17. Oktober1993 in Berlin
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Allüberall und ewig blauen licht die Fernen!
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Hans-Peter Reinecke *27. Juni 1926 in Ortels- burg/Ostpreußen+ 25. Juli 2003 in Berlin
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Hans-Peter Reinecke erlebte und durchlitt als Sohn eines Generals der Deutschen Wehrmacht Trauer, Wehmut - Ohnmacht jener der düstersten deutschen Epochen. Aus dieser Schmach in vaterlosen Nachkriegsjahren wurde er unbeabsichtigt zu einer Vater-Figur derer, die mit Reflexionen und emotionaler Beherztheit das Unbegreifliche begreifbar zu machen suchten. Er war ein Mann, der trauern konnte. Er war ein Hochschullehrer, der in seinem Leid neue, ungeahnte Kräfte freizusetzten verstand. Ob Studenten, Journalisten, Wissenschaftler oder Schriftsteller - alle haben von seiner Willensstärke und seinem intellektuellen Scharfsinn profitiert. Aber noch eines scheint für mich wichtiger denn je zu sein: Hans-Peter Reinecke war unausgesprochen eine Vater-Figur. Seine Gefühlswelt verhieß Wärme, Verlässlichkeit, gelebte Toleranz; ein Stückchen Heimat allemal. Unvergessen.
Reimar Oltmanns, Graz /Steiermark im Januar 2010








"Denken heißt Überschreiten Prinzip Hoffnung"

"Die Sehnsucht des Menschen ein wirklicher Mensch zu werden"
auf dem Bergfriedhof zu Tübingen
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Ernst Bloch *8. Juli 1885 in Ludwigshafen am Rhein + am 4. August 1977 in Tübingen
Carola Bloch * am 22. Januar 1905 in Lodz; + am 31. Juli 1994 in Tübingen
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"Ich bin. Wir sind. Das ist genug. Nun haben wir zu beginnen. In unsere Hände ist das Leben gegeben. Für sich selber ist es längst leer geworden. Es taumelt sinnlos hin und her, aber wir stehen fest, und so wollen wir ihm seine Faust und seine Ziele werden." - Geist der Utopie -






























Cimetière de Montmartre, 18. Arrondissement, Avenue Rachel 20, Paris
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Heinrich Heine* 13.Dezember 1797 in Düsseldorf+17. Februar 1843 in Paris
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"Denk' ich an Deutschland in der Nacht, Dann bin ich um den Schlaf gebracht. Gottlob! durch meine Fenster bricht Französisch heit'res Tageslicht; Es kommt mein Weib, schön wie der Morgen, Und lächelt fort die deutschen Sorgen. (1843)

*
Wenn ich, beseligt von schönen Küssen, In deinen Armen mich wohl befinde, Dann mußt du mir nie von Deutschland reden, - Ich kanns nicht vertragen - es hat seine Gründe.

Ich bitte dich, laß mich mit Deutschland in Frieden! Du mußt mich nicht plagen mit ewigen Fragen Nach Heimat, Sippschaft und Lebensverhältnis; - Es hat seine Gründe, ich kanns nicht vertragen.
Die Eichen sind grün, und blau sind die Augen Der deutschen Frauen; sie schmachten gelinde Und seufzen von Liebe, Hoffnung und Glauben; - Ich kanns nicht vertragen - es hat seine Gründe. (1834)

















"Ich setzte den Fuß in die Luft, und sie trug." (Hilde Domin)
auf dem Bergfriedhof zu Tübingen
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Helga Rahn geb. Hardt *1. Oktober 1949 + 8. Februar 2005
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Verspäteter Nachruf


Helgas Leben war ein gelebtes Leben aus christlicher Nächstenliebe und gesellschaftskritischem Selbstverständnis. Sie kannte die Oben- und Unten-Verhältnisse in ihrem Land aus eigenem Erleben nur zu genau. Grundschulpädagogin war sie. Ohne große Worte, ohne Empörungstheatralik war Helga an der Seite der schwachen, sozial schon ausgegrenzten jungen Erstklässler zu finden. Und sie kochte jahrein, jahraus im wohlsituierten Tübingen der Villen und Palais in der Armenküche.

Als wir noch Mitte der sechziger Jahre gemeinsam an der Waterkant zu Emden zur Schule gingen, Helga meine Jugendfreundin war, lasen wir uns Passagen von Albert Camus (*1913+1960) "Der Mensch in der Revolte" (1951) vor. - Identitätssuche. Aber wir lasen auch Camus Zitat, das wir in der Tiefenschärfe noch gar nicht so ganz erfassen konnten: "Einen Menschen lieben heißt einzuwilligen, mit ihm alt zu werden." Damals konnte wir noch nicht ahnen, dass Helga eines Tages in den Schulferien allein mit ihrem Fahrrad auf Frankreichs Landstraßen unterwegs sein, und ich in Frankreich meine Wahlheimat finden würde.

Die Besten sterben zu früh, viel zu früh. Klingt irrational, aber was heißt schon irrational, wenn es um die Endlichkeit geht. Innehalten.

Reimar Oltmanns
Seillonnaz (France)


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Bevor ich sterbe

von Erich Fried

Noch einmal sprechen von der Wärme des Lebens damit doch einige wissen: Es ist nicht warm aber es könnte warm sein
Bevor ich sterbe noch einmal sprechen von Liebe damit doch einige sagen: Das gab es - das muss es geben

Noch einmal sprechen vom Glück der Hoffnung auf Glück damit doch einige fragen: Was war das - wann kommt es wieder?


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Hermann Hesse * 02. Juli 1877 in Calw; + 09. August 1962 in Montagnola (Schweiz)
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STUFEN ( aus dem Jahre 1941)
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe, Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern. Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe Bereit zum Abschied sein und Neubeginne, Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern In andre, neue Bedingungen zu geben. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, Der uns beschützt und der uns hilf zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, An keinem wie an seiner Heimat hängen, Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen, Er will uns Stuf um Stuf heben, weiten. Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen, Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, Mag lähmender Gewöhung sich entraffen,
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde Uns neuen Räumen jung entgegen senden, Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden ... Wohlan denn, Herz nimm Abschied und gesunde!














Detenido - torturado - desaparecido - verhaftet, gefoltert, verschwunden in Argentinien - beerdigt auf dem Friedhof Lustnau in Tübingen
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Elisabeth Käsemann * am 11. Mai 1947 in Gelsenkirchen + am 24. Mai 1977 in Buenos Aires
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Mir ging an diesem denkwürdigen Tag des 8. März 1977 im fernen Buenos Aires der Name der deutschen Soziologiestudentin und Entwicklungshelferin Elisabeth Käsemann aus Tübingen nicht mehr aus dem Sinn. Aus der Redaktion in Hamburg kam die Nachricht: Autos ohne Kennzeichen hatten vor ihrer Wohnung in Buenos Aires gestoppt. Kreischende Bremsen. Türen wurden aufgerissen. Männer sprangen heraus. Sie drangen in ein Haus ein und fielen über Elisabeth her. Handschellen, Kapuze über'n Kopf, Spray in die Augen. Elisabeth Käsemann wurde von Soldaten abgeführt, in eines der Auto gezerrt. Türen schlugen zu. Motoren heulten auf. Die Autos rasten davon. Die junge Frau, die Argentiniens Schergen abholen, wird in der Öffentlichkeit nicht mehr lebend gesehen. Es ist, als hätte die Erde sie verschluckt. Anschuldigungen, Gerüchte lauteten seinerzeit, sie hätte mal zu jemandem aus dem linken Montonero-Umfeld - der Stadtguerilla - Kontakte gehabt, gefälschte Papiere zur Ausreise besorgt. Nur Belege gab es nicht: Fehlanzeige. Vermutungen, Verdächtigungen - mehr nicht.
VERHAFTET, GEFOLTERT, VERSCHWUNDEN
So oder ähnlich muss es in der Nacht vom 8. auf den 9. März 1977 geschehen sein, als die deutsche Staatsbürgerin Elisabeth Käsemann in Buenos Aires von ihren Folterern abgeholt, geraubt, gekidnappt worden ist. Ausgerechnet an diesem Tag trafen wir aus Sao Paulo (Brasilien) kommend in Buenos Aires ein - auf der Suche mach dem Verbleib weiterer hundert Deutscher oder auch Deutschstämmiger , die während 1976 bis 1983 spurlos in Argentinien wie vom Erdboden verschluckt worden sind. - "Detenido - torturado - desaparediso - verhaftet, gefoltert, verschwunden"; über 30. 000 Menschen in dieser verdüsterten Epoche.
PARALLELEN, ÄHNLICHKEITEN
In Elisabeths Alter und Leben, ihrem Werdegang, ihrer Wahrnehmungen als auch gesellschaftspolitischen Ansichten konnte ich Ähnlichkeiten zu meiner Biografie entdecken. Parallelen, die mich aufwühlten. Nur mit dem folgenschweren Unterschied, dass mich mein Veränderungswille in den Journalismus - als Instrument der Aufklärung - trieb. Elisabeth hingegen setzte sich auf die andere Seite des Tisches - zu den Armen, Farbigen, Entrechteten, Ausgestoßenen oder zu den Verdammten dieser Erde, um mit Frantz Fanon (*1925+1961) zu sprechen - dem Vordenker der Entkolonialisierung.
WARTE NICHT AUF BESSERE ZEITEN
Rückblick auf eine Biografie. - Elisabeth, Tochter des Tübinger Theologie-Professors Ernst Käsemann (*1906+1998), studiert um 1968 Soziologie an der Freien Universität in West-Berlin. Sie diskutierte immer und immer wieder mit dem SDS-Vordenker und Gesellschaftsarchitekten Rudi Dutschke (*1940+1979). APO-Jahre, Rebellen-Jahre. Jahre der Träume, der Entwürfe von Skizzen oder auch Utopien nach einer gerechteren Welt, einer neue deutschen Republik. Elisabeth wollte nicht warten auf bessere Zeiten, nur in Studenten-Milieus diskutieren, theoretisieren und dort in solch einem praxisfernen akademischen Umfeld kleben bleiben. - Hoffnung.
ELEND - NICHTS ALS BITTERE ARMUT
Ihren Unterhalt verdiente sie sich mit Übersetzungen und Deutsch-Unterricht. Den besorgten Eltern im fernen Tübingen schrieb Elisabeth: "Diese Entscheidung, hier in Buenos Aires zu bleiben, und nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren, fällte ich nicht aus persönlichen Gründen, sondern aus ideellen. Sie entspringt meiner Verantwortung als Mensch. Ich werde arm sein, ich werde manchmal mich zurücksehnen nach allem, was ich zu Hause hatte."
PERONISTEN, JUDEN, KOMMUNISTEN ... ...
In ihren nahezu 300 Folterzentren verschleppten die argentinischen Militärs politische Gefangene aller Schattierungen: Peronisten, Kommunisten und Bürgerliche, Christen, Juden und Atheisten - eben Menschen, den der vorauseilende Gehorsam fremd geblieben ist. Es gab Zeugenaussagen, die beweisen, dass Elisabeth Käsemann als "Mitglied einer politischen oppositionellen Gruppe" im Folterzentrum "El Vesubio" interniert und zugerichtet worden war - bis Todesschüsse in den Rücken und ins Genick aus nächster Nähe am 24. Mai 1977 hinrichteten.
KRIECHEN, WINSELN, FLEHEN
Es gab Zeugenaussagen, die zweifelsfrei belegen, wie Elisabeth um ihr Leben flehte, auf Knien kroch, winselte und immer wieder auf Spanisch mit ihrem harten deutschen Akzent beteuerte: "Das ist die Wahrheit, das ist die Wahrheit...". Sie lag angekettet am Boden, untergebracht in Verschlägen, die an Hundehütten erinnerten. Nichts half, niemand half. Eine englische Freundin, die ebenfalls interniert, gefoltert worden war, diese Weggefährtin kam nach gezielt-massiver Intervention Englands wieder frei. - England.
BOTSCHAFTER MIT SCHRÄGEM GRINSEN
Nicht so Elisabeth Käsemann. Es ist ein Frauen-Schicksal, das mich auch Jahrzehnte danach zornig, bitter, verächtlich werden lässt - unvergessen bleibt. Wie der deutsche Botschafter Jörg Kastl (1977-1980) mit schrägem, süffisantem Grinsen im fernen Buenos Aires mir beim Hummer-Menü seine Lebensweisheit verdeutlicht: "Wer in einem - äh - Span- nungs-feld in die Schuss - äh - linie gerät, der ist in Gefahr."
ULRIKE MEINHOF SÜDAMERIKAS
Dabei hatte das Auswärtige Amt genaue Hinweise, wo Elisabeth Käsemann gefangen gehalten wurde. Aber die Diplomaten unternahmen nachweislich nichts, um das Leben einer deutschen Staatsbürgerin, dieser jungen Studentin aus der Gefahrenzone zu holen. Mittlerweile gilt es verbrieft, dass weder die Botschaft in Buenos Aires, noch das Außenministerium mit Hans-Dietrich Genscher (FDP) an der Spitze noch Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) sich jemals nachhaltig bemühten, intervenierten - um das Leben einer gefolterten Frau aus kirchlichem Haus aus den Klauen der Militärjunta zu retten. Die englische Regierung hingegen intervenierte fieberhaft und hatte letztendlich Erfolg. Heimflug für eine gefolterte Geisel nach London-Heathrow.
Für Deutschland hieß insgeheime die Moral der Geschicht': Eine verkaufte Mercerdes-Karosse wiegt eben mehr als ein Atem. Schubladen auf, Schubladen wieder zu. Ende der Durchsage. Argentiniens Propaganda-Trick über eine vermeintliche Terroristin, der angeblichen Ulrike Meinhof (*1934+1976) Südamerikas, hatte funktioniert. Eine "Terroristin", die in Wirklichkeit eine friedfertige Sozialarbeiterin in den Armenviertel war, zeitigte Wirkung.
SS-MASSENMÖRDER ADOLF EICHMANN
Bemerkenswert an dieser diplomatischen Vertretung der Deutschen in Buenos Aires war, wem sie da sonst so ihre Fürsorgepflicht angedeihen ließ. Vornehmlich dann, wenn es in der Nachkriegs-Epoche um Alt-Nazis ging, waren bundesdeutsche Diplomaten stets hilfsbereit zur Stelle. Tatsache ist, dass SS-Massenmörder Adolf Eichmann (*1906+1962 , für die Ermordung von sechs Millionen Juden zentral mitverantwortlich), vor seiner Entdeckung im Jahre 1962 in Argentinien in der deutschen Botschaft zu Buenos Aires unter falschem Namen Schutz, Obhut, Gespräche und gefälschte Ausweispapiere suchte. Ein Einzelfall? Den deutschen Diplomaten zu Südamerika waren über Jahre offenkundig flüchtende Nazis mehr wert, wichtiger, dringlicher, als etwa helfende Kontakte zu einer angereisten Soziologie-Studentin - mit kesser Lippe ohnehin als "linke Spinnerin" abgetan. Bei Eichmann und Co. stimmte zumindest eines einvernehmlich: Herkunft, Gedanken-Nähe, Karriere-Muster, Beamten-Apparate - unverwechselbar der Stallgeruch.
KARRIERE-MUSTER MIT STALLGERUCH
Es galt in Deutschlands betulichen Diplomaten-Kreisen zu Bonn und anderswo Ende der sechziger bis Mitte der siebziger Jahre hinein als ein "offenes Geheimnis", wer noch und schon wieder auf dem Erdball in Sachen Diplomatie unterwegs war, wie reibungslose ihre informellen Nazi-Kontakte funktionierten. Jeder wusste es, keiner sprach darüber. - Als junger Reporter, in vielen Ländern unterwegs, habe ich es zunächst glauben wollen - dann aber notgedrungen zur Kenntnis nehmen müssen, wie viele Braunröcke aus der Nazi-Zeit unter dem Schutz der "Corps diplomatique unbehelligt und betucht zudem überwinterten. - Schon-Zeiten. Verquere Zeiten.
KAMPF-PANZER AUS DEUTSCHLAND
Folgerichtig gab Außenamts-Staatssekretär Günther von Well (FDP *1922+1993) nach einem Treffen mit General Videla im Jahre 1978 in Buenos Aires freimütig zu, dass das Thema der verschwundenen, gefolterten, ermordeten Deutschen in Argentinien überhaupt nicht angesprochen worden sei. Operation "Leisetreterei" hieß das damals hinter vorgehaltener Hand - ausschließlich standen deutsche Exportlieferungen im Werte von drei Milliarden Mark im Mittelpunkt - Waffen und nochmals Waffen, Kampf-Panzer und nochmals U-Boote, Maschinenpistolen insbesondere für den Straßenkampf gegen eine rebellierende Jugend. Schnellfeuerwaffe G3 - Made in Germany.
22.000 DOLLAR - RÜCKFLUG MIT SARG
Am 10. Juni 1977 kehrte die Leiche Elisabeth Käsemanns im Frachtraum einer Lufthansa-Maschine nach Deutschland zurück, wurde sie in ihrer Heimatstadt Tübingen beerdigt. Die Eltern hatten über Mittelsmänner den Leichnam ihrer Tochter für 22.000 Dollar freikaufen können. Vater Ernst Käsemann musste nach Argentinien reisen, um den Leichnam seiner Tochter ausgehändigt zu bekommen. Der zerschundene Körper hatte weder Haare noch Augen. Gerichtsmediziner in Tübingen konstatierten: dass Elisabeth von hinten durch vier Schüsse abgeknallt worden war , was auf eine typische Exekution hinweist.
BEERDIGUNG
Elisabeth Käsemann wurde am 16. Juni 1977 auf dem Friedhof Lustnau in Tübingen beigesetzt. An diesem Tag erklärten ihre Eltern: "Wir haben heute unsere Tochter Elisabeth bestattet. Am 11. Mai 1947 geboren, am 24. Mai 1977 von Organen der Militärdiktatur in Buenos Aires ermordet, gab sie ihr Leben für Freiheit und mehr Gerechtigkeit in einem von ihr geliebten Lande. Ungebrochen im Wollen mit ihr einig, tragen wir unsern Schmerz aus der Kraft Christi und vergessen nicht durch sie empfundene Güte und Freude."
HAFTBEFEHLE
Finale des Verbrechens - im Auftrag der Koalition gegen die Straflosigkeit vieler Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Argentinien während der Militärdiktatur erstattete am 25. März 1999 Rechtsanwalt Roland Deckert Strafanzeige im Fall Käsemann. Das Amtsgericht Nürnberg erließ am 11. Juli 2001 Haftbefehl gegen den früheren argentinischen General Carlos Guillermo Suárez Mason. Er stand unter konkretem Verdacht, die Ermorderung Elisabeth Käsemanns befehligt zu haben.
FOLTERER - "EL OLIMPO"
Ihr Scherge, Carlos Guillermo Suárez Mason (*1924+2005), der in Argentinien den Beinamen "der Schlächter des El Olimpo" trug, wurde für die Entführung von 254 Personen und der illegalen Adoption von Kindern verschwundener Kritiker verurteilt. Im Jahre 1979 sagte er angeblich gegenüber einem Vertreter der US-Botschaft, dass er jeden Tag zwischen 50 und 100 Todesurteile unterzeichne. Italien, Deutschland und Spanien hatten seine Auslieferung beantragt. - Abgelehnt.
FREIHEIT - STRAFFREIHEIT
Im November 2003 wurden Auslieferungsanträge der deutschen Justiz gegen die Beschuldigten Jorge Rafael Videla, ehemaliger Präsident der Militärjunta, und gegen Ex-Admiral Emilio Eduardo Massera erlassen. - Die Anträge aus Deutschland wurden am 17. April 2007 vom Obersten Gerichtshof Argentiniens abgewiesen - die Akte Elisabeth Käsemann endgültig geschlossen.
FOLTERZENTRUM ALS PARTY-KELLER
Nur wenige der geheimen Gefangenenlager oder Folterzentren sind nach den Jahren der Militärdiktatur (1976-1983) als Gedenkstätten erhalten geblieben. Die Gebäude von "El Vesubio", in der Elisabeth Käsemann ihr Leben ließ, wurden vorsorglich abgerissen. Ein früheres Folterzentrum im Stadtteil Belgrano von Buenos Aires diente in den 90er Jahren als Partykeller - ein ehemaliges Junta-Mitglied hatte ihn gemietet, um dort die Hochzeit seiner Tochter zu feiern.









"Wer nicht kämpft geht unter, wer kämpft reibt sich auf" - oder wird des Nachts im Schlaf er- schossen - Waldfriedhof zu Würzburg in Bayern

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Petra Karin Kelly *23. November 1947 in Günzburg; + 01. Oktober 1992 in Bonn -------------------------------------------------------------------------------------

Sie war eine seltene Ikone der grün-alternativen Bewegung in den späten siebziger, zu Beginn der achtziger Jahre in Deutschland. Sie besaß Charisma, Leidenschaft und Überzeugungskraft. Ihr Fachgebiet als Bundestagsabgeordnete und Vorstandssprecherin der Grünen war das Leid dieser Erde - Abteilung Kriegsgefahr, Rohstoffabbau, Bevölkerungswachstum, Verelendung der Menschen - zuständig für Anti-Atom-, Gleichberechtigungs- , Friedensbewegungen, vielerorts und nirgends - ausnahmslos weltwelt als globale Überlebensfrage.

Überall marschierte Petra Kelly vorneweg, sprach mit vibririerendem Menschheitpathos vor 400. ooo Demonstranten im Jahr 1981 gegen Hochrüstung, atomare Aufrüstung im Bonner Hofgarten. Folgerichtig wurde sie im Jahre 1982 mit dem Alternativen Nobelpreis (Right Livelihood Award) geehrt.
Der politische Aufstieg der Petra Karin Kelly in der grün-alternativen Friedensbewegung verlief atemberaubend. Im Jahre 1977 gelangte sie in den Bundesvorstand des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz, zwei Jahre später wurde Petra Spitzenkandidatin der Wahlliste "Sonstige Politische Vereinigungen - Die Grünen" für die Europawahl 1979. Schon ein Jahr später avancierte sie zur ersten Parteisprecherin der von ihr mitgegründeten Partei "Die Grünen". Im Bundestag fungierte sie im Jahr 1983 als Sprecherin ihrer Fraktion.
Ihre Wahrnehmungen und Empfindungen galten das Leiden der Menschen und krassen Ungerechtigkeiten in ihrer Epoche. Sie litt seelisch darunter. Zuweilen schrieb sie Sätze über sich auf, wie schwach, wie zerbrechlich sie sich fühlte. Seit ihrer Kindheit war sie nierenkrank. Sie litt unter der Schule, sie litt unter dem Verlust des Vaters, sie litt an den Folgen der familiären Zerwürfnissen wie viele Scheidungskinder. Jahre später, als Petra zwischen 1972 und 1982 als Verwaltungsrätin bei der Europäischen Gemeinschaft in Brüssel arbeitete, litt sie unter der Behäbigkeit der Bürokratie und viel später an und unter den Grünen Parteikollegen auf den Abgeordneten-Bänken.

Ihre Männer, ihre Lebensgefährten hatte Petra Kelly fast nur in ihrem beruflichen Umkreis gefunden.
Den letzten Partner lernte sie im November 1980 kennen. Gert Bastian, seines Zeichens Generalmajor der Bundeswehr, war im Streit über die Richtigkeit des NATO-Doppelbeschlusses aus der Armee ausgeschieden und hatte sich mit einseitigem Abrüstungsverlangen ("Krefelder Appell") an den Westen der Friedensbewegung angeschlossen. Mitte der achtziger Jahre bezogen Kelly/Bastian ein gemeinsames Haus in Bonn - arbeiteten erst noch im Bundestag, später zusehends gegen ihre geringer werdende Bedeutung, ihren Einfluss, gegen ihr verblichenes Charisma bei den Grünen an. Abstieg, Zerwürfnisse, Bitterkeit.
In der Nacht zum 1. Oktober 1992 erschießt Gert Bastian mit einer Pistole vom Typ Derringer seine Lebensgefährtin Petra Kelly in der gemeinsamen Wohnung in Bonn-Tannenbusch und anschließend sich selbst.
Petra Kelly schulterte das Leid dieser Erde - als Mensch zerbrach sie daran und wurde im Schlaf ermordet.
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Grabkreuz von Heinrich Böll auf dem Friedhof in Merten bei Köln

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Heinrich Böll * 21. Dezember 1917 in Köln; + 16. Juli 1985 in Kreuzau-Langenbroich
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"Es ist schön, ein hungerndes Kind zu sättigen, ihn die Tränen zu trocknen, ihm die Nase zu putzen, es ist schön, einen Kranken zu heilen. Ein Bereich der Ästhetik, den wir noch nicht entdeckt haben, ist die Schönheit der Gerechtigkeit. Über die Schönheit der Künste, eines Menschen, der Natur können wir uns halbwegs einigen. Aber - RECHT und GERECHTIG- KEIT sind auch schön, und sie haben ihre Poesie, wenn sie vollzogen werden."

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Auf dem Friedhof Lourmarin im Département Vaucluse (France)
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"Letztendlich ist es sehr dumm, nur mit der Pest zu leben. Ein Mann muss natürlich kämpfen (...) Aber wenn es damit endet, dass er sonst nichts mehr liebt, wofür ist dann das Kämpfen gut?"
"À la fin, c'est trop bête de ne vivre que dans la peste. Bien entendu, un homme doit se battre (...). Mais s'il cesse de rien aimer par ailleurs, à quoi sert qu'il se batte?"

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Albert Camus *7. November 1913 in Mondovi (Algerien);+ 4. Januar 1960 nahe Villeblevin Yonne (Frankreich)
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Der Tod als absolutes Ende und unausweichliche Fatalität


Der Tod ist für Albert Camus ein absolutes Ende, das, genau wie das Leben, keinen Sinn hat. Der Tod ist die einzige Fatalität, die schon vorgegeben ist und der man nicht entrinnen kann. Oft ist der Tod "ungerecht", etwa wenn er wie in dem Roman Die Pest unschuldige Kinder trifft. Wichtig dabei ist, dass der Tod für Camus auch ein abschließendes Moment gewinnt: All die sinnlosen Taten und Auflehnungen gegen das Absurde werden durch den Tod ein für alle Mal besiegelt. Der Tod ist für Camus' Menschen ein krönender Abschluss eines absurden Lebens.

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Freitag, 17. September 2010

Fremd im eigenen Land - Frankreich









































































Betreuerin Muriel Merc
ier aus Lyon kümmert sich um "Immigrés" in Abschiebehaft. Nach 24 Stunden werden 80 Prozent aller Asylanträge abschlägig beschieden. Ihre Aufgabe ist es, diese "vogelfreien Existenzen" in angelegten Handschellen ins Flugzeug zu verfrachten. Frankreich ist für die CIMADE-Helferin "inneres Ausland" geworden.


Wochenzeitung FREITAG, Berlin
vom 9. Juli 1993 / 17. September 2010
von Reimar Oltmanns

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Das Gesicht des Fremden


Was uns an den Zügen des
Fremden in Bann zieht, spricht
uns an stößt uns zurück,
beides zugleich: "Ich bin
zumindest genauso einzigartig
und daher liebe ich ihn", sagt der
Beobachter. "Aber ich
ziehe meine Einzigartigkeit vor
und daher töte ich ihn", kann er
weiter folgen. Vom Herzschlag
zum Faustschlag - das Gesicht
des Fremden zwingt uns, die
verborgene Art, wie wir die Welt
betrachten, ... offenzulegen."

Julia Kristeva in
"Fremde sind wir uns selbst",
Edition Suhrkamp, 1990

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Schon die äußeren Merkmale des Arbeitsplatzes von Muriel Mercier sagen mehr über die innere Gereiztheit des Einwanderungslandes Frankreich mit seinen ausländischen Neuankömmlingen aus, als es so manche wohlfeile Formulierung aus dem Pariser Politik-Milieu erahnen lässt. Das massive Eingangsportal in der rue Diderot in Lyon ist auch tagsüber fest verschlossen. Klingelanlage und Namensschilder wurden schon vor einem Jahr abgebaut - aus Sicherheitsgründen. Nichts deutet darauf hin, dass in diesem beschaulich anmutenden Altbau-Viertel die französische Flüchtlingsorganisation CIMADE ihren Sitz hat - ein versteckter Umschlagplatz für Akten und Abschiebungen.

VOGELFREI FÜR DIE CRS

Seit vier Jahren betreut die Sozialpädagogin Muriel Mercier die Ausgestoßenen der Republik. Und es werden immer mehr. Allein im Jahre 1992 wurden nach offiziellen Angaben 42.859 Ausländer des Landes verwiesen. Oft begleitet sie ihre Zöglinge in angelegten Handschellen bis hin zur Abflughalle, an der die Flieger für ferne Kontinente auf ihre Passagiere ungeduldig lauern. Sie tut das, weil Muriel "diese quasi vogelfreien Existenzen" auf ihrer letzten Fahrt nicht ganz dem Gutdünken der berüchtigten Sonderpolizei "Compagnie Républicaine de Sécurité" (CRS) ausgeliefert sehen will. Muriel sagt: "Jahr für Jahr wird es kälter, fühle ich mich schon als Fremde im eigenen Land."

Frau Mercier hat im Grunde zwei Arbeitsplätze. Denn die Hälfte des Tages verbringt sie hinter Mauern, Stacheldraht und Gitter - im Abschiebelager der Sonderpolizei-Einheit CRS von Saint-Foyes-Les-Lyon. Dieses Camp, von dem es zwei Dutzend in Frankreich gibt, ist die Endstation aller Sehnsüchte. Tag für Tag kurven Polizeieskorten in Windeseile vor, als gelte es, in Sachen Ausländer eine "Staatskrise" zu bewältigen. Uniformierte liefern verängstigte Menschen für den Rausschmiss aus Frankreich ab - in Handschellen versteht sich.

IN BARS GESCHNAPPT

Meist sind es Leute aus Nordafrika und neuerdings auch aus den früheren Ostblockstaaten. Irgendwo auf der Straße oder an den Bars geschnappt in den angrenzenden Départements Ain, Rhône, Loire. Immer wieder dieselben Vergehen: keine Arbeitspapier. Und ab geht die Post. Knappe 24 Stunden Polizeigewahrsam, Zivilrichter im Schnellverfahren, maximal sieben Tage im Abschiebelager - Frankreich ade. Sich übers Asylverfahren einen Platz "im Land der Sonne" zu ergattern, ist praktisch aussichtslos. In durchschnittlich 50 Tagen liegt ein richterliches Urteil vor. Im Jahr 1992 wurden insgesamt 47.400 Asylanträge gestellt und 80 Prozent abschlägig beschieden.

AMOUR VÉRITABLE - INTIMKONTROLLEN

Sich gar eine Französin oder einen Franzosen als letzten Ausweg für eine Scheinehe zu angeln - auch dieser weitaus kostspieligere Weg ist mittlerweile nahezu chancenlos: Frankreichs Ausländer-Polizei sitzt nämlich ungefragt mit auf der Bettkante. Nachforschungen über "un amour véritable" (wahrhaftige Liebe) laufen vielerorts - bei Verwandten, am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft. Deshalb glaubt der Bürgermeister von Toulouse, Dominique Baudis, zu wissen, dass die Hälfte der in seiner Region geschlossenen Partnerschaften "regelrechte Scheinehen" sind. Wenn im Standesamt zu Toulouse "Leute mit ausländisch klingenden Namen" (Baudis) auftauchen, gar ein Aufgebot bestellen wollen, unterrichtet der Bürgermeister unbesehen sogleich den Staatsanwalt, der seinerseits die Ausländerpolizei zu Vorortkontrollen einsetzt.Eine langjährige Aufenthaltsgenehmigung gibt es sowieso für den ausländischen Partner der sogenannten Mischehe (1991: 33.000) erst ein halbes Jahr nach der Trauung. "Und nur dann", bekundet der Stadtvorsteher selbstgewiss, "wenn mir abgesicherte Berichte vorliegen, dass die amour véritable voll und ganz funktioniert." - Intimkontrollen auf französisch.

"Irgendwie, auf welche Weise auch immer", befindet Muriel, "sehen sie sich alle auf Dauer in solch einem Abschiebelager wieder. Frankreich kennt schon lange kein Pardon, kein Augenzwinkern mehr, erst recht mit der neuen Regierung." Das Abschiebecamp Sainte-Foyes-Les-Lyon wurde im Jahre 1984 angesichts der steigenden Bedarfszahlen in Betrieb genommen, hat 24 Betten. Fluchtmöglichkeiten gibt es so gut wie keine. Nachts leuchten gleißende Scheinwerfer das Gelände aus. Ein Areal, das durch Mauern, Gitter und Stacheldraht schnörkellos gesichert wird. Alle dreißig Tage lösen sich Sondereinheiten der CRS-Polizei ab.

KEINE KONTAKTE ZUR AUSSENWELT

Kontakte zur Außenwelt bestehen während der meist siebentägigen Verweildauer so gut wie keine. Befindlichkeiten der Ausgestoßenen, ihren seelischen Ausnahmezustand schlechthin - all jene Unwägbarkeiten haben die Pariser Politik-Männer vorsorglich Frauen wie Muriel von der CIMADE übertragen - zur Gewissensberuhigung sozusagen. Schließlich bürgt schon dieser Name der Flüchtlingsorganisation für Seriosität samt französischer Tradition. Waren es doch

ehrenamtliche CIMADE-Helfer, die zu Beginn des Zweiten Weltkrieges Franzosen aus Elsass-Lothringen evakuierten, in den Konzentrationslagern den Schmerz vor dem Tode zu lindern suchten. Hingebungsvolle Frauen, die sich auch um die Tausende und aber Tausende von Franzosen-Flüchtlingen kümmerten, die sich Anfang der sechziger Jahre nach dem ruinösen Algerien-Krieg mittellos nach Frankreich retteten.

ABGESCHOBEN UND ZURÜCKGEKOMMEN

Und in dieser Kontinuität sieht Muriel den Flüchtlingsexodus dieser Jahre. Unbehagen befällt sie, wenn Muriel laut die Frauen-Rolle in der von Männern veranstalteten Welt hinterfragt. Sie murmelt: "Wir Frauen sind noch immer für die Drecksarbeit zuständig und haben zu alledem noch lieb, weich wie auch offenherzig sein." Muriel hatte sich gerade um eine Marokkanerin gekümmert, die im Lager ihren Kopf wie eine Wahnsinnige unentwegt an die Wand knallte. Empfindliche Brustschmerzen hatte diese Frau. Und immer wieder schrie die junge Marokkanerin: "Lasst mich raus aus dieser Hölle." Ihr zweimonatiges Baby , das sie derzeit stillen musste, was ihr beim Abtransport kurzerhand genommen worden. Immerhin konnte Muriel erreichen, dass Mutter und Kind wieder zusammen kamen - natürlich gemeinsam ausgewiesen werden.

FRANKREICH MIT FRANZOSEN BEVÖLKERN

Verständlich, dass vom Lager-Leben kaum etwas nach draußen dringt. Sonst würde das humane Bild vom "Frankreich der Franzosen und der Menschen-rechte" (Gaullisten-Führer Jacques Chirac) einen Knacks bekommen. Selbstmordversuche, Hungerstreiks und auch Schlägereien sind an der Tagesordnung im Lager, dort wo die Nerven blank liegen wie vielleicht nirgendwo sonst. Kaum einer weiß genau, mit welcher Drangsal er im Heimatland zu rechnen hat. Wandert er ins Gefängnis, wird er gar gefoltert - in der Türkei, in Marokko, Burundi oder anderswo? "Ja, ja", bemerkt Jean-Claude Barreau, Berater in Ausländer-Fragen des neuen Innenministers, "das wissen wir sehr genau, dass dies ein großes Problem ist. Lösen aber lässt es sich nur, indem wir Frankreich durch die Geburtenpolitik wieder mit Franzosen bevölkern. Dann steht einer neuerlichen Integration ausländischer Kinder nichts im Wege."

Fernab von der großen Bevölkerungspolitik widerfuhr Madame Muriel dieser Tage eine ganz andere Genugtuung. Eines Nachmittags wollte sie in einem Café auf dem Place Bellecour in Lyon eine Torte naschen. An einem Nachbartisch erblickte sie auf einmal Mohammed, den sie aus dem Lager kannte und der schon nach zwei Tagen nach Marokko abgeschoben worden war. Nun war er flugs wieder da. Mohammed strahlte über beide Wangen und wedelte mit seinem gültigen Visum, das er sich in Rabat für gute 3.000 Euro von einem Botschaftsangestellten besorgt hatte. - Beide freuten sich spitzbübisch.

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Postscriptum . - Im August des Jahres 2010 hat Frankreich auf Weisung ihres Präsidenten Nicolas Sarkozy (2007-2012) entgegen europäischer Grundrechte auf freie Wohnsitzwahl mehr als achttausend Rumänen und Bulgaren in ihre EU-Heimatländer ausgewiesen. Die meisten werden zur Minderheit der Roma gerechnet. Flächendeckend in der gesamten französischen Republik gehen Polizeikräfte der Sonderstaffel CRS speziell gegen diese Bevölkerungsgruppe vor, obwohl sie strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sind . Ob in Harmes, 200 Kilometer nördlich von Paris, ob im Département Pas-de-Calais, in Bordeaux oder in Tremblay-en-France - 40 Lager wurden in wenigen Tagen geschlossen. Für Innenminister Brice Hortefeux sind jene Nacht-und-Nebel-Aktionen im einstigen Land der Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit ein "glatter Erfolg". Er will weiter "hart durchgreifen" gegen Sinti und Roma, die er politisch korrekt stets als "Landfahrer" tituliert. Die Abschiebung von 8000 Roma war illegal, völkerrechtswidrig, mit den Europäischen Grundrechten der Niederlassungs-Freiheit unvereinbar; weil "Rassismus und Fremdenfeindlichkeit keinen Platz in Europa haben". Und die EU-Vizepräsidentin Viviane Reding warf Frankreich vor, die Abschiebung nur aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit zu forcieren. Viviane Redding sprach sich für die Einleitung eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens gegen Frankreich aus. Und das gilt insbesondere für eine Republik , wenn derlei Menschenrechtsverletzungen von einem Land vollzogen werden, das regierungsamtlich in Sachen Menschenrechte darauf verweist ,eine "Grande Nation" zu sein.


















Montag, 9. August 2010

Nostalgie - Nippes, Plaketten, Polit-Kitsch aus dem Treibhaus der Politik ... ...

" ... ... Er reiste im Schutze der Immunität, denn er war nicht auf frischer Tat ertappt worden. Aber wenn es sich zeigte, daß er ein Verbrecher war, ließen sie ihn fallen, lieferten ihn freudig aus, sie, die sich das Hohe Haus nannten, und, welches ein Fressen war es für sie, welch ein Glück, welche Befriedigung, daß er mit einem so großen, mit einem so unvorhergesehenen Skandal abging , in die Zelle verschwand, hinter den Mauern der Zuchthäuser vermoderte, und selbst in seiner Fraktion würden sie bewegt von der Schmach sprechen, die sie alle durch ihn erlitten (sie alle Heuchler) doch insgeheim würden sie sich die Hände reiben, würden froh sein, daß er sich ausgestoßen hatte, daß er gehen mußte, denn er war das Korn Salz gewesen, der Bazillus der Unruhe in ihrem melden trägen Parteibrei, ein Gewissensmensch und somit ein Ärgernis ... ...".
" ... ...Sie alle hielten sich für Persönlichkeiten der Geschichte, für öffentliche Größen, nur weil sie ein Amt hatten, weil ihre Gesichter durch die Presse liefen, denn die Presse will ihr Futter haben, weil ihre Namen durch den Äther sprangen, denn auch die Funkstationen brauchen ihr tägliches Heu, und dann sahen die Gattinnen die großen Gatten und kleinen Begatter entzückt vor der Kinoleinwand winken. Und wenn die Welt auch nicht viel von den beamteten Weltgeschichtlern hielt, so raschelte sie doch ständig mit ihnen, um zu beweisen, daß der Verrat an Nichtigkeiten und Schrecken nicht erschöpft, daß Geschichte noch da sei ... ...".

(Wolfgang Koeppen, *1906 in Greifswald+1996 in München , "Das Treibhaus" , Frankfurt 1953)

Freitag, 26. Februar 2010

Misshandelte Frauen - Gewalt in Familien

























































Arbeitslosigkeit, Versager-Ängste - soziale Miseren führen in Frankreich zu immer mehr Gewaltausbrüchen gegen Frauen. "Er schlägt Sie - lehnen Sie Gewalt ab", heißt es überall auf einem Plakat des Amtes für Frauenrechte. Es will aufmerksam machen auf einen ver- deckten Notstand: Männer-Gewalt gegenüber Frauen. - S.O.S. - Über 35.000 Französinnen sind auf der Flucht - Angst vor Schlägen, Verge- waltigungen, Demütigungen. Jede siebte Frau ist Opfer sexueller Übergriffe. - Immerhin: Vierzig Frauenhäuser bieten Schutz. Über 150 Organisationen geben für Frauen-Klagen vor Gericht Rechtshilfe. Dabei dreht es sich nicht um Horrorvisionen aus der Kinowelt. Es handelt sich um französische Alltäglichkeiten - versteckt, bagatellisiert, verschwiegen, verharmlost. Frauen-Misshandlungen
Frankfurter Rundschau
31. Mai 1997 / 26. Februar 2010
von Reimar Oltmanns

Die Alltäglichkeit der Gewalt vermittelt sich im Pariser Osten, genauer gesagt im 11. Arrondissement mit schein- bar beruhigend monotoner Stimme. Insgesamt 58 An-rufe - Frauen-Notrufe - gehen täglich im ersten Frauen-haus der französischen Republik in der Cité Prost Nr. 8 ein. Das sind immerhin 95.000 Hilfsappelle bei der Frauenorganisation "Solidarité des femmes" in vierein-halb Jahren. Und all diese Telefonate drehen sich immer wieder um den gleichen Tatbestand. "Violence et Viol"; Gewalt und Vergewaltigung, geschlagene, ge- schundene Frauen - Etappen der Gewalt, die gewöhn- liche Männer-Gewalt im Frankreich dieser Tage, Jahre, Jahrzehnte.

HORROR-VISIONEN AUS FILMEN

Die 38jährige Telefonistin Isabelle führt dir Telefon- statistik, weil es in puncto Männergewalt weder eine offizielle Datenerhebung noch aussagekräftige Fakten- sammlung in der Regierung zu geben scheint. Das ist schließlich auch der Grund, warum gleich neben der Telefonzentrale und der Bettwäscheausgabe im Frauenhaus die frühere Kindergärtnerin Christine Poquet nunmehr wöchentlich sämtliche Zeitungen der Republik auf der Suche nach Gewalt in Familien, Brutalität gegen Frauen auswertet. Christine meint: " Irgendwie müssen wir hier immer noch den absurden Beweis antreten, dass es zwischen Menschenrechten und dem Status einer Frau einen kausalen Zusammenhang gibt. Es reicht nicht, dass wir zusammengeschlagen werden. Wir müssen es auch noch zweifelsfrei be- weisen." Und Kollegin Monique Bergeron, die ebenfalls fleißig mit ausschnippelt, ergänzt: "Wer diese Berichte hintereinander liest, glaubt an Horror-Visionen in Filmen - nur nicht, dass derlei Männer-Übergriffe Tag für Tag in Frankreich passieren. Letztendlich ist es die rohe Form der Machtverhältnisse. Unsere französische Gesellschaft ist krank und erlaubt solche Gewaltform. Handgreiflichkeiten gegen Frauen - das ist keine bedauerliche Panne des Mannes, sondern eine gesell- schaftliche Erscheinung: ein Virus dieser Jahrzehnte."

IN JEDER 5. EHE - BEISCHLAF ERZWUNGEN´
Immerhin wissen jene beherzten Frauen zu berichten, dass es in Frankreich eine jährliche Dunkelziffer von nahezu vier Millionen Frauen gibt, die geschlagen und vergewaltigt werden, körperliche Verletzungen davon- tragen. So seien in Frankreich durchschnittlich etwa 35.000 Frauen auf der Flucht - aus Angst vor Schlägen, Demütigungen. In jeder fünften Ehe, so schätzen sie bei "Solidarité des femmes", erzwingen sich Frankreichs Männer mit Gewalt den Beischlaf. Folglich macht häuslichen Gewalt ein Drittel der vorsätzlichen Gewalttaten in Frankreich aus. In drei Jahren (2005-2008) steigerten sich derlei Exzesse um 31 Prozent auf 47.000 Fälle. Zudem sind im Jahre 2008 insgesamt 157 Frauen durch Schläge ihrer Lebensgefährten ums Leben gekommen. Das sind nach Angaben der französischen Staatssekreärin für Familie und Solidarität, Nadine Morano, etwa 20 Prozent aller Totschlagsdelikte. Und in Deutschland ist nach einer Studie des Bundesfamilienministeriums jede siebte Frau Opfer sexueller Übergriffe. Frauen sind demnach in ganz Westeuropa von sexueller Gewalt mehr bedroht als durch andere Schwerdelikte wie Raub oder Wohnungseinbrüche.

Schlimm sieht Jacqueline aus, die gerade von zwei Pariser Gendarmen uns Frauenhaus in der Cité Prost Nr. 8 gebracht wird. Ihr linkes Auge ist grünblau. Beule auf der Stirn. Pflaster auf der Nase. Sie zittert. Ihre Hand zur Faust geballt, flucht Jacqueline: "Ich hasse ihn nur noch." Weinkrämpfe. Ein Prügeldrama in einer unauf- fälligen Dreizimmerwohnung am Pariser Außengürtel; angezettelt von ganz "normalen" Männern. Und Polizist Olivier Delattre murmelt routinegeübt: "Für uns ist das Alltag. Etwa 60 Prozent unserer Noteinsätze gelten handgreiflichen Familienkrächen, bei denen zu cirka 95 Prozent die Frauen Opfer sind."


"ICH BIN DIE HURE UND DIE MAGD"

Tatsächlich setzt eine schleichende Verarmung in Jahren der Massenarbeitslosigkeit - vornehmlich der französischen Mittelschicht - ein unvermutetes Aggres- sionspotenzial frei. Ein Viertel der erwerbstätigen Be- völkerung kann nämlich seinen Lebensstandard nicht mehr halten. Martine de Maximy, Familienrichterin am Pariser Amtsgericht, sieht die Hauptursache für neuer- liche Kälte mit ihren Konfliktfeldern in der wirtschaft- lichen Krise und dem sozialen Ausschluss ganzer Be- völkerungsgruppen. Madame de Maximy äußert besorgt: "Auch das Ausmaß an Brutalität in angeblich bessergestellten Familien ist beachtlich. Angst vor der Zukunft lauert dort. Die Gewaltanwendung wird kulturell durch das Bild der Männlichkeit in der Öffent- lichkeit verstärkt. Der männliche Stereotyp frohlockt mit solch einem Verhalten. Dann haben diese Ver- sagerangst vor Leistungsabfällen. Das macht irgend- wann bitter. Oft wird unvermutet wahllos zugeschlagen; meist zu Hause Frau wie Kind. Fast die Hälfte aller Vergewaltigungen findet in Frankreich in der Familie statt. Grausam."
Die Pariser Psychoverhaltensforscherin Christine Dessieux hat bei einer Langzeituntersuchung von 600 Französinnen herausgefunden, "dass manche Frauen sich gegenüber ihrem Mann in einer Art 'ehelicher Prostitution' befänden. Sie sagen ganz offen, 'stimmt, ich bin die Hure und die Magd." So weiß die Lyoner Gerichts- ärztin und stellvertretende Vorsitzende des Verbandes S.O.S. Femmes, Dr. Liliane Daligand zu berichten, dass "nach einer Vergewaltigung selbst in Langzeit-therapien bei diesen Frauen nur schwer von einer Heilung gesprochen werden kann. Es kann allenfalls eine Vernarbung der seelischen Verletzung geben."
SEELISCHE LANGZEIT-FOLGEN
Jahrelange Untersuchungen von Gewaltforscherinnen an der Universität Poitiers in französischen Kranken- häusern über die seelische Langzeitfolgen unmittelbarer männlicher Aggressionen bei zweitausend Frauen ergaben, dass

0 43 bis 47 Prozent unter Angstgefühlen litten;

0 16 bis 30 Prozent bei Anspannung zitterten;

o 10 Prozent waren selbstmordgefährdet;

0 20 Prozent klagten über Traurigkeit;

0 32 Prozent verloren ihr Selbstwertgefühl;

0 14 Prozent flüchteten in Alkohol.



VERFAHREN, VERTAN, VERLOREN - VIELLEICHT VERRÜCKT



Die Telefonistin Isabelle vom Frauenhaus im Pariser Osten war vor fünfzehn Jahren gleichsam Zielscheibe eines prügelnden Ehemannes. "Ich war einfach ver- liebt", sagt sie heute fast entschuldigend. Und dieses Adjektiv verliebt, das tönt schon ein wenig so wie verfahren, vertan, verloren - vielleicht auch verrückt, weil Gewalt als einzige Form der "Zuwendung" übrig- geblieben ist. Schon damals schloss sich die einstige Sekretärin Isabelle der französischen Frauen- befreiungsbewegung an. Seither nimmt Isabelle Hilfsschreie ihrer Leidensgenossinnen entgegen - Tag für Tag, Jahr für Jahr sitzt sie am Telefonhörer des Frauenhauses. Sie beachtet: "Im Vergleich zu früheren Jahren durchleben wir eine Wende in Frankreich. Ge- prügelt und misshandelt wurde schon immer in den Familien hinter verschlossenen Türen. Und das nicht zu knapp. Nur mit dem Unterschied: Die Frauen sind jetzt couragierter geworden, verklagen ihre Ehemänner oder benennen ihre Peiniger vor Gericht. Sie flüchten und machen ihr Leid öffentlich."
"BAS LES MASQUES"
"Masken runter" ("Bas les Masques") hieß die erste Fernsehsendung im Jahre 1995, in der Frauen über ihr Schicksal am Tatort Familie, zugerichtet mit Hand-kantenschlägen , öffentlich berichteten. In Zahlen: Im Jahre 1982 registrierten Frankreichs Gerichte 2.459 Strafanzeigen wegen Vergewaltigung. Dreizehn Jahre später - im Jahre 1995 - waren es 7.069 Strafverfahren. Eine Steigerungsrate um 65 Prozent - ausnahmslos qua Strafanzeige von den Opfern angestrengt. Wobei seit dem Jahre 1994 strafverschärfend gilt, wenn ausdrück- lich Ehemänner oder Lebensgefährten als Täter über- führt werden.
BESCHNEIDUNGS-RITEN
Noch in die siebziger Jahren hinein konnten Frank- reichs Ehemänner ihre Frauen verdreschen, ihnen die Zähne ausschlagen - nichts geschah. Privatsache. Noch bis Mitte des neunziger Jahrzehnts mussten sich musli- mische Nordafrikanerinnen vielerorts zwischen Paris und Marseille stillschweigend Beschneidungsriten unterwerfen. Schmerzhafte Misshandlungen, da nach alter Tradition in 26 afrikanischen Ländern den Mäd- chen im Kindesalter die Klitoris entfernt wird. Männ- liche Lust- und Gebärkontrolle. Immerhin kam es nach informellen Berechnungen 1992 noch zu 23.000 Frauen- beschneidungen. Es gab keinerlei öffentliche Kritik.
Bis in die späten achtziger Jahre war es absolute Privatsache, was sich tatsächlich in französischen Familien ereignete. Es war die Frauenbewegung im siebziger Jahrzehnt, die die Republik damals nahezu unbemerkt mit einem flächendeckendem Netz von Zufluchtsstätten, Beratungsstellen und Krisenzentren überzog. Für Französinnen wie Carole Damiani von der Pariser Opferhilfe (Aide aux victimes) kümmerten sich nicht der französische Staat, sondern "einzig und allein die aufgeschreckten Feministinnen in ihren politisch besten Jahren um malträtierte Geschlechtsgenossinnen. Sorge für Brot, Kleidung, Unterkunft, Zuwendung, Gespräche. Ohne diese Zwischenlösungen wären die Zustände auch der Tausende von Müttern unerträglich gewesen."

METHODIK DER HÖRIGKEIT

Catherine vom Aufnahmezentrum aus Besançon hingegen richtet ihr Augenmerk auf ein neuerliche Flucht-Phänomen. "Frauen kommen zu uns und sagen, dass sie es nicht mehr aushalten, obwohl sie nicht ge- schlagen worden sind. Sie dürfen nichts tun in ihrem Gefängnis. Sie werden eingeschlossen und ohne Schlüs- sel zurückgehalten. Sie bekommen kein Geld. Sie können nicht einmal einkaufen. Sie dürfen sich nicht kleiden,wie sie wollen. Und um alles müssen sie inständig bitten." An die 150 Organisationen bieten Frauen in ganz Frankreich mittlerweile kostenlose juristische Beratung und psychische Betreuung an.

GEHEIMWAFFE GEGEN TABUS

Allein im Verband "Solidarité des femmes" stehen in der französischen Republik über vierzig Frauenhäuser bereit. Betreuerin Patricia Montageron von der Frauen- gruppe "la paranthèse" (die Klammer) verfügt in jedem Département auch noch über eine größere Anzahl von unerkannten Wohnungen. "Als Geheimwaffe allent- halben. So groß ist mittlerweile der Bedarf, weil wir Stück um Stück mit den Tabus aufgeräumt haben", beteuert die Sozialpädagogin. Dabei will es vielen Fran-zösinnen einfach nicht in den Kopf, dass sich jener Mann, den sie am Anfang als Freund und Partner erlebten, den sie liebten, irgendwann als Gewalt-Gegner entpuppte.
"Aber immerhin", fährt Patricia fort, "in der Mitterrand-Ära (1981 bis 1995) ist es uns ganz gelungen, endlich die Tabus zu brechen und das Strafrecht für uns Frauen einzunehmen." Früher war Brutalität gegen Frauen, wenn überhaupt, ein Kavaliersdelikt, allenfalls ein Ver- gehen - niemals ein Verbrechen. Und gar Ehefrauen - die waren in der französischen Rechtsprechung erst gar nicht vorgesehen.

HOHES STRAFMASS
Anders als in Deutschland wird nunmehr die Verge- waltigung in der Ehe im Nachbarland ebenso hart bestraft wie die Vergewaltigung einer fremden Person. Verabschiedet von der Nationalversammlung am 23. Dezember 1990. Strafmaß zwischen zehn und fünfzehn Jahre Freiheitsentzug. Außerdem hat die Frau bei solchen Delikten keine Möglichkeit mehr, das von ihr angezeigte Strafverfahren zurückzunehmen - selbst wenn der Vergewaltiger sich formal als reuiger Ehe- partner auszuweisen vermag. Allerdings müssen nach dem französischen Rechtsverständnis die Opfer die Strafanzeige stellen. Als Zwischenstufe reicht gleichwohl auch ein Vermerk im Meldebuch auf dem Polizeirevier - der sogenannten "main courante" aus.
Indes - Frauenrechtlerinnen und Sozialpolitiker Frankreichs reicht es mittlerweile nicht mehr aus, dass laut novelliertem Gesetz aus dem Jahre 1992 auch Gewerkschaften automatisch bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz die Gerichte anrufen können. Die Republik steht demnach vor einer Prozesslawine. Allein 20 Prozent aller Frauen, so die gerichtsverwertbare Aktenlage der Gewerkschaften, fühlen sich an ihrem Arbeitsplatz sexuell belästigt, drangsaliert.

SOS FEMMES
"Nein", bedeutet Liliane Daligand vom S.O.S. Femmes gemeinsam für die französischen Frauenverbände gegen Gewalt, "der Staat muss den Kampf selbst aufnehmen wie etwa gegen Aids und Prostitution. Allein schaffen wir das nicht mehr." Immerhin: Anfang des Jahres 2010 stellte die französische Regierung unter Premierminister François Fillon "physische Gewalt in Paarbeziehungen" unter Strafe. Das Gesetz sieht bei häuslichen Gewaltattacken Freiheits- und Geldstrafen bis zu drei Jahren Gefängnis und bis zu 75.000 Euro vor. Zudem sollen Fußfesseln Wirklichkeit werden und erzwungene Trennungen von Paaren überwachen. - Fortschritt.
JAHR FÜR JAHR: HUNDERTE GETÖTETER EHEFRAUEN
Immerhin: häusliche Gewalt macht im Land der Franzosen ein Drittel der vorsätzlichen Gewalttaten aus; und nicht nur dies: in drei Jahren registrierte die Öffentlichkeit eine Steigerungsrate der allseits bekannten Familien-Exzesse um 31 Prozent insgesamt 47.000 Fälle notierte das Observatoire national de la délinquance (OND) im Jahre 2008. Zudem: 157 Frauen sind im Jahre 2008 durch Schläge ihrer Lebensgefährten ums Leben gekommen. - Das sind nach Angaben der Staatssekretärin für Familie und Solidarität, Nadine Morano, etwa 20 Prozent aller Totschlagsdelikte.
Mittlerweile hat sich ganz allmählich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Frauen allein ohne Hilfe des Staates keine gewaltfreie Trendwende herbeiführen können. Ohnmacht. Das glaubt auch der Sozio-Anthropologe an der Uni- versität Lyon II, Daniel Welzer-Lang. Er ist der Meinung, dass das Gewaltproblem malträtierter Frauen nicht zu lösen sei, "wenn sich keiner um die gewalt- tätigen Männer kümmere. Seit nahezu einem Jahrzehnt betreut Welzer-Lang mittels geduldiger Gesprächsthera- pien etwa 150 prügelnde Ehemänner. Sein alter Vor- schlag: "Wir müssen uns viel stärker in die private Sphäre mit Alkohol-, Drogenverboten und Zwangs- therapien einmischen. Das Refugium Familie hat sich ein für allemal überlebt - ein Schlachtfeld sozialer Kälte und der Rücksichtslosigkeit für Frauen ist das da vieler- orts." Ganz im Sinne der in Frankreich populären Rock- gruppe "Nique ta mère" als jugendliche Hoffnungs- träger, als Ausdruck verwahrloster Gewalterlebnisse in der französischen Republik. Zu deutsch: "Fick deine Mutter".