Donnerstag, 28. März 1974

Malawi - weiße Herrenmenschen oder Gelder, die im Busch verschwinden
































Malawi ist ein Staat in Südost-Afrika. Mit seinen 13 Millionen Einwohnern zählt er zu den Ärmsten der Armen; die Mehrheit der Be-völkerung lebt von weniger als einem US-Dollar pro Tag. Die Lebenserwartung ist auf 32,5 Jahre gesunken. 30 bis 55 Prozent der Bevölkerung leiden an AIDS. Zur Tilgung seiner Schulden gibt das Land mehr Geld aus als zur medizinischen Versorgung. Ob in Malawi oder auch in anderen Ländern auf diesem Kontinents - allzu oft scheitert sinnvolle Entwicklungshilfe an deutschen Experten. Sie leben in Luxus, verschwenden Millionen und sehnen sich nach alten Kolonialzeiten deutscher Herrenreiter-Mentalitäten. - Wiederholungszwänge. Rückblende auf ein geschundenes Land und keine durchgreifende Besserung in Sicht. Menschen kommen und gehen, Strukturen bleiben - und das seit Jahrzehnten. Verquere Zeiten.

stern, Hamburg
28. März 1974
von Reimar Oltmanns

Der 19jährige Francis, Sohn eines Kleinbauern, trommelt und rasselt mit seiner Vier-Mann-Band. Nancy, eine 17jährige Prostituierte, tanzt. Unter- ernährte Jugendliche, in Lumpen gekleidete Land- arbeiter, Frauen mit Kindern auf dem Rücken singen und klatschen im Takt. Auf dem staubigen Sandplatz neben der abbruchreifen "Senga-Bay-Bar" treffen sich an jedem Samstag die ärmsten der Malawier. Einen Großteil ihres Sechs-Tage-Lohns von 70 bis 90 Tambala (2,10 bis 2,70 Mark) geben sie für Alkohol aus, der sie etwas fröhlich macht.

Doch diesen Sonnabend hocken die Afrikaner ver- ängstigt neben der Bruchbude. Nicht einmal der sonst so beliebte Song "Ice cream, you scream" reißt sie hoch. Francis spielt jetzt das melan- cholische Volkslied von der Cholera. In dem Dorf Salima, ein paar Autominuten von hier, starben inner- halb von acht Stunden ein Dutzend Menschen an dieser heimtückischen Krankheit. Die Gefahr einer Epidemie ist groß. Das Medikament Tetracyclin ist für die Schwarzen zu teuer. Es kostet 23 Mark.

SPITZENVERDIENER IN VILLEN

Nur knapp eine Meile von der "Senga-Bay-Bar" liegt "Little Germany". So nennen die Einheimischen das exklusive Luxusviertel bundesdeutscher Spitzen- verdiener. Isoliert von den Schwarzen und abgeschirmt von der Cholera leben hier 22 Entwicklungshelfer mit Monatsgehältern zwischen 4.000 und 8.000 Mark netto.

Es sind Angestellte der "Garantieabwicklungsgesell-schaft" [GAWI] mit Sitz im hessischen Eschborn, die für Deutschland den Einsatz der Entwicklungshilfe-Fach-leute organisiert. Seit 1975 ist GAWI in die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) aufgegangen. Die - in Malawi allerdings nicht eingesetzten - Entwick-lungshelfer des "Deutschen Entwicklungsdienstes" [DED] bekommen nur ein Ein-satzgeld von monatlich 500 Mark.

KOLONIALES HERREN-LEBEN

Weiß getünchte Villen (Kosten für die Bundesregierung: vier Millionen Mark) stehen unter schattigen Bäumen. Riesige Wasserfontänen, die in der Trockenheit von Regenspeichern versorgt werden, haben einen gepflegten Rasen wachsen lassen, der bis zum Strand des Malawi-Sees reicht, Motorboote ziehen Wasserski über den See. Abends erhellt Flutlicht den Tennisplatz. Aus der angrenzenden Erfrischungsbar
ertönt der Evergreen, "rain and tears, it's all the same" (Regen und Tränen ist alles dasselbe). - So behaglich schön kann das Leben sein - und das inmitten eines Landes bitterster Armut; auf Tuchfühlung sozusagen.

Schwarzes Personal besorgt den Haushalt, putzt Schule, macht Betten, kocht deutsche Küche, pflegt den Rasen und fährt die blonden Kinder aus. Den "Herrschaften" ergeben ist es außerdem. Landwirtschaftsfachmann Herbert Pils: "Wenn wir heute einen rausschmeißen, stehen morgen zwanzig neue vor der Tür." Selbst vor den reinrassigen Schäferhunden Roli und Bingo haben die Dienstboten zu kuschen. Arnold von Rümker, Projekt-Vizechef: "Keine Angst vor dem Hund. Er beißt nur Schwarze."

Dieses Kolonial-Herrenleben wird im Ministerium für wirtschaftliche Zusammen-arbeit zu Zeiten des linksorientierten SPD-Politikers Erhard Eppler (1968-1974) "sinnvolle Entwicklungshilfe für den Staat Malawi" genannt und als "größtes deutsches landwirtschaftliches Programm in dieser Region Afrikas" bezeichnet.

Malawi ist mit 118.485 qkm fast halb so gr0ß wie die Bundesrepublik. Im Norden grenzt es an das einst sozialistische Tansania, im Westen liegt Sambia, im Osten und Süden ist das frühere Nyassaland vom ehemaligen portugiesischen Kolonialgebiet, dem Moçambique umgeben. Die damals 4,6 Millionen (im Jahre 2006 insgesamt 13 Millionen) Einwohner zählen zu den Ärmsten der Welt. Der Jahresverdienst liegt im Durchschnitt bei 200 Mark. Die Mehrheit der Bevölkerung lebt von einem US-Dollar pro Tag. Nahezu 90 Prozent der Menschen ernähren sich von der auf primitive Weise betriebene Landwirtschaft. Satt werden die meisten davon ohnehin nicht.

MULTIMILLIONÄR ALS STAATSPRÄSIDENT

Seit Malawi im Jahr 1964 selbstständig wurde, investierte die einstige Kolonialmacht England 60 Millionen Pfund Sterling in dem keiner Linksexperimente verdächtigen Entwicklungsland. Ohne dieses Geld könnte es in Malawi überhaupt keine Verwaltung, keinen Verkehr geben. Kamuzu Hastings Banda (*1896+1997) war der erste Präsident des Einparteienstaates - ein gefürchteter Diktator auf Lebenszeit. Er trat nach den ersten freien Wahlen im Jahre 1993 ab. Banda verfügte Bankkonten in der Schweiz, England, war Eigentümer von Baumwoll- und Tabakpflanzen und einer Tankstellen-Kette. Sein Privatvermögen belief sich auf 320 Millionen US-Dollar. Sein Leitmotiv: "Notfalls erbettele ich mir das Geld vom Teufel, um mein Land voran-zubringen."

BITTREISEN - BONN - BERLIN

Solcher Aufforderung, Entwicklungshilfe zu leisten, hatte es bei der deutschen Regierung zu Zeiten des "Kalten Krieges" zwischen Ost und West gar nicht bedurft.

Bandas rigoroser Antikommunismus passte dem CDU-Kanzler Konrad Adenauer (*1876+1967) genau ins politische Konzept. Der frühere Arzt Banda, nannten ihn seine Anhänger, machte im Jahre 1993 eine Bitt-Reise nach Bonn an den Rhein und warf einen entrüsteten Blick über die Berliner Mauer. Seitdem ist die Bundesrepublik in Malawi engagiert. Konrad Adenauer gewährte 50 Millionen Mark Kapitalhilfe für Straßenbau und eine Rundfunkstation. Die Minister für wirtschaftliche Zusammen-arbeit Walter Scheel (1961-1966), Hans-Jürgen Wischnewski (1966 -1968) und Erhard Eppler pumpten weitere 49 Millionen Mark in das deutsche Landwirtschafts-projekt Salima, vier Stunden nordöstlich von der Metropole Blantyre. Salima ist eine Stadt in der Zentralregion von Malawi. In ihr leben Schätzungen aus dem Jahre 2006 insgesamt 32.000 Menschen; davon 80 Prozent unterhalb der inländischen Armutsgrenze.

ZUM STERBEN ZU VIEL, ZUM LEBEN ZU WENIG

In dieser Region, die so groß wie das Saarland ist, bearbeiten 90.000 Kleinbauern bisher ihre Felder mit primitiven Hacken. Die Erträge an Baumwolle, Reis und Erd-nuss waren so kläglich, dass sie einer achtköpfigen Familie nur ein Jahresein-kommen von gleichweise 123 Mark einbrachten. - Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig.

Im Jahre 1968 kamen dann die deutschen Experten ins Land. Ihre Aufgabe: eine exportfähige und Devisen bringende Baumwollproduktion in Gang zu setzen. Ihr erster Schritt war, bei den Kleinbauern, von denen die meisten noch nicht einmal ein Ochsengespann zum Pflügen kannten, mit komplizierten Finanzierungsprogrammen kapitalistischen Ehrgeiz zu wecken. Dazu teilten sie die ursprünglich gleichbe-rechtigten Bauern in Besitz- und Leístungsklassen ein. Die Qualität des Bodens und die Bereitschaft der Farmer, den Acker nach deutscher Anweisung zu bestellen, entschied über die Einstufung. Agrarexperte Joachim Johannes erklärt das System: "Nur wer etwas leistet, bekommt - je nach Gruppe gestaffelt - von uns Kredit. Die Bauern haben die Chance, von der ersten bis zur sechsten Stufe aufzusteigen."

NEID UND HABGIER

Doch Chancen für soziale Aufsteiger gibt es in Salima praktisch nicht. Denn um das von Präsident Banda verordnete Devisensoll zu erfüllen, begünstigen die Ent-wicklungshelfer nur Bauern mit schon relativ guten Baumwollerträgen. Die zwanzig Farmer der Gruppe 6 bekommen Darlehen in Höhe von je 480 Mark im Jahr, die 250 Bauern der Gruppe 5 je 180 Mark, Gruppe 4 (300 Bauern) je 135 Mark, Gruppe 3 (4200 Bauern) je 90 und Gruppe 2 (8.000) Bauern je 39 Mark. Die 20.000 ärmsten Bauern mit den schlechtesten Böden erhalten gar keine Kredite ( Gruppe 1). Die Folge: In sechs Jahren deutscher Entwicklungshilfe kristallisierte sich aus den
Salima-Bauern eine Gruppe von 570 Privilegierten heraus, deren Jahreseinkommen bis auf 1.040 Mark kletterte., während die Kleinbauern der Gruppe 1 im Projekt-gebiet immer noch um 123 Mark verdienen - und Not und Neid immer stärker in Eigentumsdelikten und Schlägereien explodieren. Salima-Landwirtschaftsberater Karl Feldner hält das Kreditsystem für gescheitert. "Wir können nicht ohne weiteres den Kapitalismus auf die Afrikaner übertragen. Damit zerstören wir nur eine noch intakte soziale Verbundenheit und schüren Neid und Habgier."

BAUMWOLLE VOR SCHULPFLICHT

Projek-Vizechef Arnold von Rümker hingegen ist stolz auf seine Bilanz: "Wir haben den Baumwollertrag je Acres (=0,4 Hektar) von 450 auf 850 Mark steigern können." Doch gleichzeitig gibt er zu: "Die Erfolge sind natürlich nicht so hervorragend, dass es den einfachen Leuten heute besser geh als anderswo im Land."

Die Baumwollproduktion, die Devise bringt, rangiert in Salima selbst vor der Schulpflicht. Nur ein Fünftel der Kinder kann die Schule besuchen. Denn dafür müssen die Eltern 20 Mark im Jahr bezahlen. Staatspräsident Banda wollte die Analphabetenquote in den nächsten fünf Jahren nicht senken. Er befürchtete, mehr Bildung könnte die Jugend zur Landflucht verführen und so seine Agrarpolitik gefährden. Arnold von Rümker gibt es: "Offiziell dürfen wir im Projektgebiet keine Schulen bauen. Das hat politische Gründe."

PARTEIJUGEND WIE EINST DIE HJ

Statt dessen durften die deutschen Entwicklungshelfer aber auf Anordnung des Präsidenten dessen Parteijugend die "Malawi Young Pioneers" (MYP), ausbilden.
Die Devise der nach Hitler-Jugend-Modell organisierten MYP: "Disziplin, Gehorsam-keit, lange lebe der Präsident." Nach einem zweijährigem Drill durch israelische Militärberater sollten die Deutschen in Salima Siedler und Handwerker aus ihnen machen.

Obwohl das Regierungsabkommen zwischen Deutschland und Malawi die Schulung der Kaderjugend nicht vorsieht, erzwang Banda die MYP-Ausbildung in der deutschen Handwerkerschule und in einem Siedlergebiet. Damit MYP-Mitlglieder aus ganz Malawi ausgebildet werden konnten, mussten Einheimische aus dem Projektgebiet abgewiesen werden.

Ein vertrauliches Gutachten des Malawi-Referenten Dr. Fischer hatte Minister Eppler vor dieser "verhängnisvollen Entwicklung" gewarnt: "Das zuvor in Lagern vermittelte Elite-Bewusstsein und die hinter der Organisation stehende politische Macht tun ein übriges, um soziale und politische Spannungen im Projektgebiet entstehen zu lassen."

RECHTSRADIKALE STAATSJUGEND

Aber selbst der in seinen Theoriebeiträgen stets versierte deutsche Sozialdemokrat Erhard Eppler (Buchtitel: "Das Schwierigste ist Glaubwürdigkeit") tat nichts dagegen, dass seine Entwicklungshelfer für eine rechtsradikale Staatsjugend arbeiten mussten. Die Landwirtschaftshelfer erschlossen Siedlergebäude für 300 "Malawi Young Pioneers". Sie bauten Straßen und Häuser, bohrten Brunnen und vergaben zur Feldbestellung Spitzendarlehen von 2.000 Mark pro Person. Doch die aus anderen Landesteilen kommenden MYPs wollten gar nicht in Salima sesshaft werden. Sie bestellten die Felder nicht, zahlten die Kredite nicht zurück und ließen die deutschen Entwicklungshelfer bald nicht mehr in das Siedlergebiet. Mitglieder, die den deutschen Anweisungen folgten, wurden verprügelt. Und als drei "Malawi Young Pioneers" wegen Schlägereien ins Gefängnis kamen, stürmten 200 ihrer Kameraden in einer nächtlichen Aktion das Polizeipräsidium und erzwangen die Freilassung.

BESONDERER SCHUTZ DES PRÄSIDENTEN

Da die MYPs unter dem besonderen Schutz des Präsidenten standen, wagte kein Deutscher, gegen Bandas Zöglinge vorzugehen. Immer, wenn die MYP's grölten, wurde es unter den deutschen Entwicklungshelfer und ihren Familien ganz plötzlich Mucks Mäuschen still. Arnold von Rümker: "Dem Alten sind seine MYPs heilig. Hätten wir ihm gesagt, wie unrentabel das Siedlerprojekt verläuft, wären wir aus dem Land geflogen."

MENSCHENHATZ

Nach zwei Jahren zogen 240 "Malawi Young Pioneers" wieder in ihre Heimatdörfer. Mittlerweile stehen die Hälfte der einst kostspielig aufgebauten Häuser in Salima leer, die Felder liegen brach. Fehlinvestitionen: eine Million Mark.

Nach der ursprünglichen Planung sollten die deutschen Experten 1974 durch malawische Fachkräfte ersetzt werden. Doch von den wenigen Malawiern mit abgeschlossener Fachausbildung saßen viele seit Jahren in KZ-ähnlichen Lagern. Fast jede Nacht ließ Diktator Banda eine Menschenhatz gegen Oppositionelle und kritische Intelligenz veranstalten. So gegen Tausende Zeugen Jehovas, die sich geweigert hatten, Zwangsabgaben für die Einheitspartei zu zahlen (fünf Tambala = 15 Pfennig pro Marktbesuch). Kein Entwicklungshelfer durfte den Verfolgten helfen. Banda befahl, einen Teil der auf europäischen Universitäten ausgebildeten Malawier in die Camps einzusperren. weil er den Akademikern eine kommunistische Unterwanderung zutraute.

TAUSENDE ÜBERLEBTEN NICHT

Ein Dutzend Minister und Staatssekretäre saßen in Gefängnissen, weil sie eine Generalamnestie der Inhaftierten gefordert hatten. Auf dem Parteitag der "Malawi Congress Party", rechtfertigte Banda 1972 sein Vorgehen: "In anderen Ländern werden die Systemfeinde sofort ermordet. Bei mir können sie in den Camps überleben." Viele Tausende überlebten nicht. Zu jener Zeit saßen mindestens 25.000 Malawier in KZs.

Deshalb blieb Banda, der wegen seiner Innenpolitik und seiner Sympathien für das damalige Apartheits-Regime Südafrika von den Nachbarstaaten boykottiert wurde, auf weitere ausländische Experten angewiesen. Minister Eppler, der über die Zustände in der Banda-Diktatur informiert war, verlängerte trotzdem das Salima-Projekt verlängert. Kostenpunkt: weitere 3,5 Millionen Mark pro Jahr. Da scheint es verständlich, dass deutsche Diplomatenjahrgänge aus der Nazi-Zeit, die den Zweiten Weltkrieg in Afrika unbeschadet in ihrer Deckung "überwinterten", vorauseilenden Gehorsam bekunden. Insbesondere Max Schubert, seines Zeichens Erster Sekretär der deutschen Botschaft in Blantyre, geriet ins Schwärmen, wenn die Rede auf Diktator Banda kam. "Was heißt hier schon alles Lager oder KZ. Wir fühlen uns mit den Malawiern jedenfalls sehr verbunden. Sie haben uns in der UNO immer geholfen, als wir noch kein Mitglied waren."

MISSWIRTSCHAFT, FEHLPLANUNG ... ...

Jürgen Möhling, ehedem Malawi-Experte im Entwicklungshilfe-Ministerium, fragt sich dagegen, "ob die deutsche Entwicklungshilfe in diesem Land überhaupt einen Sinn" macht. Sein in den siebziger Jahren verantwortlicher Minister, dem der Bundesrechnungshof erst vor kurzem wieder Misswirtschaft und Fehlplanung vorwarf, hat alle Einladungen zu Inspektionsreisen nach Salima abgelehnt. Erhard

Eppler wollte am liebsten gar nichts von Malawi hören.

P.S. Es war noch im Jahre 1974 , als die Lufthansa mit einer speziellen Ladung für die deutschen Entwicklungshilfe-Experten an Lilongwe Kamuzu International Airport anflog. Behutsam galt es, weit über 36 Flaschen "Mumm"-Sekt in sechs Kisten ver-packt zu entladen. Vor den weiß getünchten Villen unter schattigen Bäumen mit dem anmutenden Panorama-Weitwinkelblick auf den Malawi-See galt es Abschied zu nehmen an einem der kommenden lauen Sommerabende. Vize-Projektleiter Dr. Arnold von Rümker hatte durch die "Gesellschaft für technische Zusammenarbeit" einen Ruf nach Washington D. C. erhalten. - Meilenstein, Karriere-Sprung über Kontinente.

... ... UND EINSAME KARRIEREN

Spezialisten standen ungewollt im Halbrund. An diesem Abend prosteten sich Abend mit Bedacht artig zu, der schwarze Room-Service in weißen Handschuhen durfte ausnahmsweise den sattgrünen Rasen betreten, Schampus nachgießen. Aus einem uralten Uher-Tonband-Gerät schepperte Nino Rossos 'Il Silenzio" bei Sonnenuntergang. Vom dürftigen Malawi zur Weltbank nach Washington. Ja, ja -nichts ist erfolgreicher als Erfolg. Das Leben des Dr. Arnold von Rümker war und blieb eine Erfolgsgeschichte. 15 Jahre nach Malawi wurde der Agrarökonom "als Ehrenritter in die Provinzial-Sächsische Genossenschaft des Johanniterordens" aufgenommen. Zum ehrwürdigen "Rechtsritter" gar wurde Dr. von Rümker im Jahre 1998 ernannt.

- Malawi hingegen, diese flüchtige Region Salima aus Papphütten, Pappbecher und Pappnasen, diese ausgemergelten, von AIDS verseuchten, hungernden Kinder, sterbende Menschen, den erbärmlichen stinkenden Mangel vielerorts - all das hat der deutsche Herrenreiter aus einem alten Ritterguts-Geschlecht nicht mehr wieder gesehen.