Freitag, 1. Dezember 1989

Der Propaganda-Minister




























Die stählerne Karriere des Wolf Feller oder Wie sich das CSU-Parteibuch beim Bayerischen Rundfunk (BR)auszahlt. Über dreißig Jahre hat Wolf Feller dort verbracht. Er gab sich immer so, als sei er dort aufgewachsen. "Das Fernsehen ist zum Teil kaputt gemacht worden durch die Fellers und Lojewskis", urteilte der damalige ZDF-Chefredakreur Klaus Bresser.




MÄNNER VOGUE, München
1. Dezember 1989
von Reimar Oltmanns

Wäre Hörigkeit ein Begriff für gesellschaftliche Anerkennung, hätte ihn Wolf Feller, Programmdirektor des Bayerischen Rundfunks, längst für sich reklamiert. Ohnehin lässt der CSU-Sheriff, der sich auf dem Bildschirm gelegentlich wie Jerry Lewis ausnimmt, keine Milchkanne am Wegrand stehen, um sich als allwissender Fernsehmacher zu verkaufen - Feller als "Vitalo", Feller als "kampferprobter Durchblicker" oder Feller als einer, der weiß, wo "der Braten liegt".

FELLER - WIE EIN PFERD AUF DIE SPOREN

Verständlich, dass für den 59jährigen Parteisoldaten der BR "der liberalste Sender der Bundesrepublik" ist. Um Lippenbekenntnisse war er nie verlegen: "Ich bin stolz darauf, im Gegensatz zu so vielen anderen in meiner Branche keine opportunistischen Metamorphosen durchgemacht zu haben." Dabei reicht als Strafandrohung der CSU-Zensoren schon wohldosierter Liebesentzug. um ihren Wolf auf Parteilinie samt Sprachregelung einzuschwören. Manchmal, so wissen Kenner der "bayerischen Verhältnisse" zu berichten, werde von der CSU-Parteizentrale direkt bei Feller angeklingelt und ein gesondertes Fernsehteam zur Entgegennahme eines "parteiamtlichen Statements mit Kommentar" bestellt. Dann mault Feller zwar zuweilen - "mich laust der Affe"-, aber auf "Direktiven der Partei- und Staatsspitze reagiert er, so der "Spiegel", "wie ein Pferd auf die Sporen".

VOM TUTTI-GEIGER ZUM DIRIGENTEN

Über dreißig Jahre hat Feller bislang beim BR verbracht. Er gibt sich in seinem Büro so, als sei er dort aufgewachsen. "Ich habe in diesem Klangkörper angefangen als Tutti-Geiger, war dann Solist und schließlich Dirigent. Vom Fahrer bis zum Hauptabteilungsleiter kenne ich alle." Der journalistische Werdegang dieses Mannes gerinnt zum klassischen Beleg scheinbarer Potenz, die in immer neuen Hörigkeiten, in auswegloser Selbstverleugnung mündet. Beharrlich managt er ein Vierecksver-
hältnis - seinen Lebensinhalt: Propaganda, Taktik, Strategie, Macht. Ein typisches Beispiel lieferte die Bundestagswahl 1987, als es "dem übereifrigen Wolf" (CSU-Parteijargon) vorbehalten blieb, den angetrunkenen Franz Josef Strauß vor die Kamera zu locken. Feller: "Herr Ministerpräsident, die Frage, ob Sie nach Bonn gehen, weiß ich ohnehin, dass Sie bejahen werde. Sie werden nämlich nach Bonn fliegen und die Koalitionsverhandlungen führen. Die andere Frage erspar' ich mir, denn zuerst werden Sachprobleme gelöst und dann erst Personalprobleme." Strauß: "Richtig, Richtig !" Feller: "Vielen Dank, Herr Ministerpräsident!"

SCHMERZFREIE SALZSÄURE

Fellers Haut verschorfte rapide, "um schmerzfrei Salzsäure aushalten zu können. "Non mi frega niente" - Das juckt mich nicht - gehört zu seinen Standardfloskeln im Sender. Rom hat auf ihn spürbar Eindruck gemacht, zumal er seine italienischen Sprachkenntnisse derart zu verfeinern verstand, dass er nun eine Pizza selber bestellen kann. Bekanntlich übte sich Feller Anfang der achtziger Jahre als Italien-Korrespondent der ARD. Damals residierte er im Palazzo Torlonia und scharte römische Prominenz um seinen mit Delikatessen beladenen Tisch.

OPFER: FRANCA MAGNANI

"Selbstsüchtig, eitel und unkollegial", ist das Kollegenurteil über ihn. So pflastern Leichen seinen Weg. Bekanntestes Opfer wurde die Journalistin Franca Magnani, die er durch tägliche Stichelein (zu Neudeutsch: mobbing) dazu brachte, das Handtuch zu schmeißen. Feller stolz: "Die durfte Däumchen drehen und viel Zeitung lesen." Einst zählten die Magnani-Reportagen zu den ARD-Glanzstücken. Aber wie bemerkte schon ZDF-Chefredakteur Klaus Bresser: "Das Fernsehen ist zum Teil kaputtgemacht worden durch die Fellers und Lojewskis."













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